Verhältnis der Eisenbahngesellschaften zum Staate. (8. 177.) 419
pflichtet, ihr das Geleistete zu ersetzen, falls nicht der Tod oder die Körperverletzung
durch ein Verschulden des Eisenbahnbetriebsunternehmers oder einer der im Eisenbahn—
betrieb verwendeten Personen herbeigeführt worden ist (Art. 8).
5. Der Reichskanzler ist ermächtigt, für Eisenbahnen mit schmalerer als der Nor-
malspur, und für Eisenbahnen, bei welchen wegen ihrer untergeordneten Bedeutung das
Bahnpolizeireglement für die Eisenbahnen Deutschlands nicht für anwendbar erachtet
ist, die in dem Gesetze v. 20. Dez. 1875 festgesetzten Verpflichtungen für die Zwecke des
Postdienstes zu ermäßigen oder ganz zu erlassen (Art. 9).1
6. Durch die von dem Reichskanzler, nach Anhörung der Reichspostverwaltung
und des Reichseisenbahnamtes, unter Zustimmung des Bundesrats zu erlassenden Voll-
zugsbestimmungen werden die näheren Anordnungen über die Ausführung der in dem
Gesetze v. 20. Dez. 1875 festgesetzten Leistungen, sowie über die Festsetzung und die Berech-
nung der Vergütung für die gegen Entgelt zu gewährenden Leistungen getroffen (Art. 10).2
7. Auf die bei Erlaß des Gesetzes v. 20. Dez. 1875 bereits konzessionierten Eisen-
bahngesellschaften und deren zukünftig konzessionierte Erweiterungen durch Neubauten
finden die Vorschriften desselben so weit Anwendung, als dies nach den Konzessions-
urkunden zulässig ist. Im übrigen bewendet es für die Verbindlichkeiten der bereits
konzessionierten Eisenbahngesellschaften bei den Bestimmungen der Konzessionsurkunden.
Es bleiben insbesondere in dieser Beziehung die bis dahin zur Anwendung gekommenen
Vorschriften über den Umfang des Postzwanges und über die Verbindlichkeiten der
Eisenbahnverwaltungen zu Leistungen für die Zwecke des Postdienstes maßgebend.
Die bereits konzessionierten Eisenbahngesellschaften sind jedoch berechtigt, an Stelle der
ihnen konzessionsmäßig obliegenden Verpflichtungen für die Zwecke des Postdienstes, die
durch das Gesetz v. 20. Dez. 1875 angeordneten Leistungen zu übernehmen (Art. 11).
8. Die Vorschriften des Gesetzes v. 20. Dez. 1875 finden auch auf die im Eigen-
tum des Reichs oder eines Bundesstaates befindlichen, sowie auf die in das Eigentum des
Reiches oder eines Bundesstaates übergehenden Eisenbahnen Anwendung (Art. 12, Abs. 2).
IV. Das Verhältnis der Eisenbahnen zur Telegraphenverwaltung, über wel-
ches das Gesetz v. 3. Nov. 1838 noch keine Bestimmungen enthalten konnte, ist reichs-
rechtlich durch Bestimmungen des Bundesrats über die den Eisenbahnverwaltungen im
Interesse der Reichstelegraphenverwaltung obliegenden Verpflichtungen v. 21. Dez. 1868
geregelt.3¾ Danach haben die Eisenbahnen folgende Verpflichtungen:
1. Das außerhalb des freien Profils liegende Eisenbahnterrain ist zur Anlage von
ober= und unterirdischen Reichstelegraphenlinien unentgeltlich zu gestatten, wofür den
Eisenbahnen die unentgeltliche Mitbenutzung der Telegraphenstangen zusteht.
2. Den Telegraphenbeamten und deren Hilfsarbeitern ist zur Ausführung ihrer
Geschäfte das Betreten der Bahn unter Beobachtung der bahnpolizeilichen Bestimmungen
gestatttt. Dieselben sind gegen Lösung einer Fahrkarte III. Klasse auf allen Zügen
im Dienstabteil oder auf dem Schaffnersitze zu befördern; ebenso hat die Bahnverwal-
tung die Leitungsmaterialien auf den Bahnmeisterwagen gegen Entschädigung (50 Pfennig
für den Wagen und Tag und 2 Mark für den Tag der Aussicht) zu transportieren, auch
die Lagerung derselben auf den Bahnhöfen unentgeltlich zu gestatten.
3. Die Eisenbahnverwaltung hat gegen Entschädigung bis zur Höhe von 30 Mark
für Jahr und Meile die Reichstelegraphenanlagen zu beaussichtigen, sie bei Beschädi-
gungen provisorisch herzustellen und von etwaigen Störungen der nächsten Telegraphen-
station Anzeige zu machen.
1 In Ausführung des Art. 9 hat der Reichs-
kanzler die Bestimmungen betr. die Verpflichtungen
der Eisenbahnen untergeordneter Bedeutung zu
Leistungen für die Zwecke des Postdienstes v.
28. Mai 1879 (3. Bl., S. 380) erlassen.
: Vollzugsbestimmungen v. 9. Febr. 1876
(Z. Bl.,
(Z. Bl., S. 4).
S. 87) in der Fassung v. 24. Dez. 1881
Abgedruckt bei Fritsch, Handbuch der Eisen-
bahngesetzgebung", S. 453. — Vgl. außer-
dem den Vertrag v. 28. Aug./ 8. Sept. 1888
über die Verpflichtungen der königl. Eisenbah-
nen gegenüber der Reichs-Post= und Tele-
graphen -Verwaltung, abgedruckt bei Fritsch,
S. 454. «
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