Aufsicht des Staates über die Eisenbahnen. (S. 178.) 421
Regierung anzuzeigen und zu veröffentlichen, auch für die angenommenen Sätze alle
Waren, deren Transport polizeilich zulässig ist, ohne Unterschied der Interessenten zu
befördern (8. 32).
6. Wenn sich nach Abzug der Ausgaben des Transportunternehmens, einschließlich
des mit Genehmigung des Ministeriums festzusetzenden jährlichen Beitrages zur Ansamm—
lung eines Reservefonds, für die zuletzt abgelaufene Periode an Zinsen und Gewinn
ein Reinertrag von mehr als 10 Prozent des in dem Unternehmen angelegten Kapitals
ergibt, so müssen die Fahrpreise so weit herabgesetzt werden, daß der Reinertrag diese
10 Prozent nicht überschreite. Erreicht jedoch der Ertrag des Bahngeldes das dafür
(in 8. 19) verstattete Maximum von 10 Prozent nicht, so darf der Ertrag des Trans-
portgeldes 10 Prozent so lange überschreiten, bis beide Einnahmen zusammengerechnet einen
Reinertrag von 10 Prozent des in dem Unternehmen angelegten Kapitals ergeben (§. 33).
7. Um die Ausführung der Vorschriften der §§. 29—33 möglich zu machen, ist
die Gesellschaft verpflichtet, nach Anweisung des Ministeriums genaue Rechnung zu führen,
die jährlich der Regierung einzureichen ist (§. 34).
8. Die Bestimmung des §. 40 des Eisenbahngesetzes, daß nach vollendeter Amorti-
sation des in dem Unternehmen angelegten Kapitals dem Unternehmen eine solche Ein-
richtung gegeben werden soll, daß der Ertrag des Bahngeldes die Kosten der Unterhal-
tung der Bahn und der Verwaltung nicht übersteige, ist durch den §. 1 des Gesetzes
v. 21. Mai 18591, soweit nicht Staatsverträge entgegenstehen, für aufgehoben er-
klärt worden.
V. Zur Ausübung der Aufsicht des Staates über das Unternehmen der Eisenbahn-
gesellschaft wird, zufolge der Bestimmung des §. 46 des Eisenbahngesetzes nach Er-
teilung der landesherrlichen Genehmigung, ein beständiger Kommissar ernannt, an den
die Gesellschaft sich in allen Beziehungen zur Staatsverwaltung zu wenden hat, und der
befugt ist, die Vorstände zusammenzuberufen und deren Zusammenkünften beizuwohnen.
VI. über die preußischen Eisenbahnen bestehen folgende Aufsichtsbehörden:
1. Das Reichseisenbahnamt, das durch das Reichsgesetz v. 27. Juni 1873
(N. G. Bl., S. 164) als eine ständige Zentralbehörde des Reiches eingesetzt ist und seine
Geschäfte unter der Verantwortlichkeit und nach den Anweisungen des Reichskanzlers
führt (§. 3). Es hat innerhalb der durch die Reichsverfassung bestimmten Zuständig-
keit des Reiches?: a) das Aufsichtsrecht über das Eisenbahnwesen wahrzunehmen; b) für
die Ausführung der in der Reichsverfassung enthaltenen Bestimmungen, sowie der son-
stigen auf das Eisenbahnwesen bezüglichen Gesetze und verfassungsmäßigen Vorschriften
Sorge zu tragen; c) auf Abstellung der in Hinsicht auf das Eisenbahnwesen hervor-
tretenden Mängel und Mißstände hinzuwirken, und ist berechtigt, innerhalb seiner Zu-
ständigkeit über alle Einrichtungen und Maßregeln von den Eisenbahnverwaltungen
Auskunft 3 zu fordern oder nach Befinden durch persönliche Kenntnisnahme sich zu
unterrichten und hiernach das Erforderliche zu veranlassen (§. 4). Das Gesetz v. 27. Juni
1873 bestimmt ferner (§F. 5), daß bis zum Erlaß eines Reichseisenbahngesetzes (welches
bis jetzt noch nicht ergangen ist) folgende Vorschriften gelten: a) in bezug auf die Privat-
eisenbahnen stehen dem Reichseisenbahnamte zur Durchführung seiner Verfügungen die-
selben Befugnisse zu, welche den Aufsichtsbehörden der betreffenden Bundesstaaten beige-
legt sind, und, wenn zu diesem Zwecke Zwangsmaßregeln erforderlich werden, so sind
die Eisenbahnaufsichtsbehörden der einzelnen Bundesstaaten" gehalten, den deshalb an sie
ergehenden Requisitionen zu entsprechen; b) Staatseisenbahnverwaltungen sind nötigenfalls
zur Erfüllung der ihnen obliegenden Verpflichtungen im verfassungsmäßigen Wege (Art. 7,
1 G. S. 1859, S. 243. richtliche Entscheidungen, laufend über Unfälle,
2 Vgl. oben §. 174, III. — Meyer-Dochow", Zuwiderhandlungen gegen die Desinfektionsvor-
. 74, S 357. schriften, die monatlichen Betriebsergebnisse. —
3 Es wird an das Reichseisenbahnamt be- Erlaß des Min. d. öffentl. Arb. betr. Bericht-
richtet u. a. (ugl. Fritsch, Handb. 2, S. 66) all= erstattung an das Reichs-Eisenbahnamt v. 25. Okt.
gemein über Inbetriebnahme neuer Bahnstrecken,,1898, abgedruckt bei Fritsch, Handb.#, S. 10.
Stationen und Hauptgleise, Tarife, wichtige ge- 4 In Preußen der Min. d. öffentl. Arb.