Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Dritter Band. Zweite Abteilung. (3_2)

Sorge für ausreichende Unterrichtsanstalten. 
C. 135.) 263 
Die hiernach in Art. 25 der Verfassungsurkunde aufgestellten Grundsätze haben erst 
in der neueren Gesetzgebung ihre Verwirklichung gefunden. 1 
1. Die Aufbringung der Mittel zur Errichtung, Unterhaltung und Erweiterung 
der öffentlichen Volksschulen liegt nach dem Volksschulunterhaltungsgesetz v. 28. Juli 
1906 (G. S., S. 335) den Gemeinden und selbständigen Gutsbezirken (Schulverbänden) 
sowie den aus mehreren Gemeinden oder selbständigen Gutsbezirken bestehenden Gesamt- 
schulverbänden ob. Unvermögenden Schulverbänden gewährt der Staat nach den näheren 
Vorschriften des V. U. G.2 Staatsbeiträge und Staatszuschüsse. 
Eine Ausnahme besteht nur noch in den Provinzen Westpreußen " und Posen, 
8. 143). 
wo das V. U. G. nicht gilt. 
(Näheres unten in 
  
1 Anschütz a. a. O., S. 474 ff. Über das 
ältere Recht v. Rönne in der 4. Aufl., Bd. II, 
S.464—468; v. Bremen, Volksschule, S. 546 ff.; 
Anschütz a. a. O., S. 40— 474. 
2 Und anderer Gesetze. übersicht bei Anschütz 
a. a. O., S. 479 f. 
3 Eine solche Verpflichtung des Staates war 
vorher gesetzlich nicht ausgesprochen worden. Sie 
wurde im Gegenteil mehrfach ausdrücklich in Ab- 
rede gestellt. So z. B. in dem Preuß. Landtags- 
abschied v. 4. Jan. 1830 unter II, 23 (v. Kamptz, 
Ann., Bd. XIV, S. 236). Der Staat ist indes 
ohne das Bestehen einer solchen Verpflichtung da, 
wo er die Überzeugung von der Notwendigkeit 
einer Unterstützung gewonnen hat, mit Hilfe aus 
allgemeinen Staatsfonds eingetreten (vgl. den 
Min. Erl. v. 6. März 1852 am Schlusse, M. Bl. 
d. i. Verw. 1852, S. 12). lber die Begründung 
von Anträgen auf Bewilligung oder Fortbewilli- 
gung von Staatszuschüssen für Elementarschulen 
vgl. die Min. Erl. v. 8. Mai 1854, 27. Sept. 
1858, 8. April 1863 (M. Bl. d. i. Verw. 1863, 
S. 149 — 150). Der Erl. v. 26. Nov. 1864 
(M. Bl. d. i. Verw. 1865, S. 23) wies die Regie- 
rungen an, fortan genau zu prüfen und zu be- 
richten, ob die bisher bewilligten Staatszuschüsse 
für entbehrlich zu erachten oder ihre Fortentrich- 
tung zu bewilligen sei. Der Min. Erl. v. 19. März 
1874 (M. Bl. d.i. Verw. 1874, S. 253) bestimmte, 
daß nach erfolgter Ausführung von Schulbauten 
die Gewährung einer Staatsbeihilfe nicht mehr 
zulässig sei. 
4 Für die Provinz Preußen hat die Schul- 
ordnung v. 11. Dez. 1845, §§. 38—42, das sog. 
Seozietätsprinzip des A. L. R. verlassen und an dessen 
Stelle das sog. Kommunalprinzip gesetzt, wonach die 
Schulbedürfnisse in der Regel ebenso wie die Kom- 
munallasten aufzubringen sind. G. S. 1846, S. 1. 
5 Nach den Vorschriften des hier geltenden A. 
L. R. sind die Kosten des Elementarschulwesens 
eine Sozietätslast des Schulbezirkes. Das A. L. R. 
II, 12, S§§. 29—38 stellt darüber folgende Grund- 
sätze auf: Wo die Stiftungen für gemeine Schulen 
nicht ausreichen, liegt die Unterhaltung der Lehrer 
den sämtlichen Hausvätern jedes Ortes, ohne 
Unterschied, ob sie Kinder haben, oder nicht, und 
ohne Unterschied des Glaubensbekenntnisses ob; 
wo jedoch für die Einwohner verschiedenen 
Glaubensbekenntnisses an einem Orte mehrere 
gemeine Schulen vorhanden sind, ist jeder Ein- 
wohner nur zur Unterhaltung des Schullehrers 
von seiner Religionspartei beizutragen verbunden 
(§§. 29, 30). Die Beiträge sollen unter die Haus- 
väter nach Verhältnis ihrer Besitzungen und 
Nahrungen billig verteilt werden (§. 31). Guts- 
  
herrschaften sind verpflichtet, die Unvermögenden 
nach Notdurft dabei zu unterstützen (§. 33). Die 
Unterhaltung der Schulgebäude und Schulmeister- 
wohnungen muß, als gemeine Last, von allen zu 
einer solchen Schule gewiesenen Einwohnern ohne 
Unterschied getragen werden (s. 34). Auch befreit 
der Unterschied des Religionsbekenntnisses nicht 
hiervon (§. 38). Wegen Verabreichung der 
Materialien seitens der Magistrate und Gutsherr- 
schaften vgl. §. 36. — Hiernach sind die Kosten 
des Elementarschulwesens keine Kommunallast, 
sondern eine Sozietätslast derjenigen Mitglieder 
der Kommunen, welche die Korporation der Schul- 
sozietät (die sog. Schulgemeinde) bilden. Vgl. die 
Min. Erl. v. 17. Sept. 1838; v. Kamptz, Ann., 
Bd. XXII, S. 661 und v. 5. April 1860 (M. Bl. 
d. i. Verw. 1860, S. 88); desgl. den Plenarbe- 
schluß des Ob. Trib. v. 20. Juni 1853, Entschl. 
des Ob. Trib., Bd. XXV, S. 301.— Die poli- 
tischen Gemeinden sind jedoch berechtigt, die 
Unterhaltung der Elementarschulen aus Ge— 
meindemitteln freiwillig zu übernehmen. Vgl. 
die Min. Erl. v. 28. Juli 1861 (M. Bl. d. i. Verw. 
1861, S. 160) und v. 13. Juni 1862 (a. a. O. 
1862, S. 246), den Min. Erl. v. 30. Dez. 1865 
(a. a. O. 1866, S. 39) und den Min. Erl. v. 
23. April 1867 (a. a. O. 1867, S. 133); desgl. 
das Erk. des Ob. Trib. v. S8. Okt. 1866 (Striet- 
horsts Arch. Bd. LXV, S. 49, Nr. 13). 
Wenn die politische Gemeinde beschließt, die 
Unterhaltung der Elementarschulen aus Gemeinde- 
mitteln zu übernehmen, und in diesem Falle 
Elementarschulen verschiedener Konfessionen be- 
stehen, darf die gedachte Einrichtung nicht die 
Folge haben, daß die Kommunen nur die den 
Hausvätern der einen Konfession sonst obliegende 
Schulunterhaltungspflicht übernehmen, die Haus- 
väter der anderen Konfessionen dagegen von einer 
gleichen Vergünstigung ausschließen (Min. Erl. 
v. 25. Nov. 1862, M. Bl. d. i. Verw. 1863, S. 5; 
desgl. die Min. Erl. v. 27. Febr., 29. Juli und 
27. Okt. 1865; 3. U. V. 1865, S. 182, 488, 
758). Dies gilt jedoch nur von Konfessions- 
schulen der beiden Landeskirchen, nicht von denen 
der Alt-Lutheraner (Min. Erl. v. 26. März 1866, 
Z. U. V. 1866, S. 293). 
Der Beschluß der Gemeinde, durch welchen die 
Unterhaltung der Elementarschulen aus Gemeinde- 
mitteln festgesetzt wird, bedarf der Beobachtung 
der für die Beschlußfassung in Kommunalange- 
legenheiten in den Städte= und Landgemeinde- 
Ordnungen vorgeschriebenen Förmlichkeiten sowie 
der Bestätigung sowohl der Schul-, als Kommunal-= 
Aufsichtsbehörde (Min. Erl. v. 30. Dez. 1865, 
M. Bl. d. i. Verw. 1866. S. 39). Die bezüglich der
	        
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