Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Dritter Band. Zweite Abteilung. (3_2)

266 Unterrichtswesen. (8. 136.) 
(§. 46). Die provinzialrechtlichen Bestimmungen weichen indes teilweise hiervon insofern 
ab, als sie den Beginn der Schulpflicht später eintreten lassen und ihre Dauer nur bis 
zur Erreichung eines bestimmten Lebensjahres erstrecken.! Im allgemeinen dauert die 
Schulpflicht heute vom 6. bis zum 14. Jahre. Die Kabinettsorder v. 14. Mai 18257 
hat übrigens angeordnet, daß die angeführten Vorschriften des Allgemeinen Land- 
rechts (§. 33—46, II, 12) auch in denjenigen Landesteilen, in welche das Allgemeine 
Landrecht noch nicht eingeführt ist 4, zur Anwendung kommen sollen.? Der gesetzlich vor- 
geschriebene Schulbesuch wird von den Gemeindebehörden 5 und Schulaufsichtsbehörden 
kontrolliert; die schulpflichtigen Kinder werden erforderlichenfalls durch polizeiliche Zwangs- 
mittel"' und durch Bestrafung der nachlässigen Eltern 3 zum Besuche der Schule an- 
gehalten.? 
In dem vormaligen Königreiche (der jetzigen Provinz) Hannover besteht zufolge 
des Gesetzes v. 26. Mai 1845 über das christliche Volksschulwesen 10 (§8§. 3—6) die 
Verpflichtung des Besuches der Volksschule für alle Kinder, welche nicht eine höhere 
Unterrichtsanstalt besuchen oder geeigneten Privatunterricht genießen, und zwar beginnt 
das schulpflichtige Alter mit dem vollendeten sechsten Lebensjahre. Es endet nach der 
zu §. 5 des Gesetzes erlassenen Novelle v. 2. Jan. 1905 11 mit demjenigen Zeitpunkte, 
welcher dafür in den einzelnen Landesteilen und für die verschiedenen Konfessionen 12 vor- 
geschrieben ist; wo dieser Zeitpunkt nicht mit dem vorgeschriebenen allgemeinen Schul- 
entlassungstermine zusammenfällt, kann der Unterrichtsminister anordnen, daß diejenigen 
  
des in den 8§. 74 ff. A. L. R. II, 2, anerkannten 
Erziehungsrechtes des Vaters bzw. der Eltern an- 
zusehen und daher nicht weiter aufrecht zu erhalten. 
Die betreffenden Kinder sind daher auf Verlangen 
ihrer Eltern von der Benutzung eines ander- 
weitigen Religionsunterrichtes freizulassen, sobald 
nachgewiesen ist, daß sie außerhalb der öffentlichen 
Schule oder des Konfirmandenunterrichts Reli- 
gionsunterricht erhalten, und es ist als solcher 
der von dem Prediger der Gesellschaft erteilte an- 
zuerkennen (Min. Erl. v. 10. März 1859, M. Bl. 
d. i. Verw. 1859, S. 111). Vgl. hierüber auch 
den Zirk. Erl. des Evangelischen Oberkirchen- 
rates v. 12. Mai 1859 nebst Schreiben des Min. 
d. geistl. und Unterr. Ang. v. 19. April 1859 
(a. a. O., S. 112—115), den Erl. des Evangel. 
Oberkirchenrats v. 21. Febr. 1860 (a. a. O. 1860, 
S. 108), sowie den Min. Erl. v. 16. Jan. 1892 
(Z. U. V., S. 435; v. Bremen, Die preuß. 
Volksschule, S. 597). Hierzu Anschütz, Verf. 
Urk., Bd. I, S. 233 ff., 387 f. 
1 So ist z. B. in Ost= und Westpreußen nach 
§. 2 der Schulordn. v. 11. Dez. 1845 die Ver- 
längerung der Schulzeit für Unreife auf mindestens 
1 und höchstens 2 Jahre zu bemessen. Vgl. die betr. 
Bestimmungen in v. Rönnes Unterrichtswesen, 
Bd. I, S. 560—561; v. Bremen, Die preuß. 
Volksschule, S. 588 ff.; Dirksen, Art. Volks- 
schulwesen, in v. Stengel-Fleischmanns W. 
St. V. R.2, Bd. III, S. 825 f. 
2 Vgl. S. 266, Note 7. 
3 G. S. 1825, S. 149. 
4 Nämlich für die Bezirke des Appellations- 
gerichtshofes zu Köln und des Justizsenats zu Ehren- 
breitstein, sowie für Neuvorpommern nebst Rügen. 
5 Durch Ministerialerlasse sind in verschiedenen. 
Landesteilen spätere Termine des Beginns der 
Schulpflicht nachgelassen worden (vgl. das Nähere 
- Unterrichtswesen, Bd. I, S. 562 
* Die Gemeindevorstände stellen die Listen der 
Schulpflichtigen auf. 
  
7 Außerstenfalls werden die Kinder auf Ersuchen 
der Ortsschulbehörde durch die Ortspolizei zwangs- 
weise in die Schule geführt. Gegen die Eltern 
werden polizeiliche Strafverfügungen erlassen 
(St. P. O. §. 453; Ges. v. 23. April 1883). 
* Soweit sie Preußen sind; doch ist dies be- 
stritten. Löning im Jahrb. des Offentl. Rechts 
der Gegenwart, Bd. III, S. 107; Max Miller, 
Die Lehr= und Lernfreiheit, S. 207 ff.; Anschütz 
a. a. O. S. 385 f. 
A. L. R. II, 12, §. 48; Reg. Instr. v. 23. Okt. 
1817, §. 11, Abs. 2; Kab. O. v. 14. Mai 1825 
(G. S., S. 149); Ges. v. 6. Mai 1886 (G. S., 
S. 144) und v. 25. Juli 1910 (G. S., S. 225); 
über die Bestreitung der Kosten vgl. Min. Erl. 
v. 18. Febr. bzw. 4. März 1911 (M. Bl. d. i. Verw., 
S. 80); für die Rheinprovinz Kab. O. v. 20. Juni 
1835 (G. S. 1835, S. 134) und Instr. des Min. 
der geistl. Ang. v. 6. Febr. 1845 (M. Bl. d. i. Verw. 
1845, S. 62); Entsch. des Kammergerichts v. 
7. Jan. 1895 (Z. U. V., S. 721), 4. April 1901 
(Johows Jahrb., Bd. XXII, S. 74), Entsch. 
des O. V. G., Bd. VII, S. 215, Bd. XXXIV, 
S. 234 ff.; Anschütz a. a. O., S. 388—390; 
v. Brauchitsch, Verwaltungsgesetze, Bd. I, zu 
L. V. G. §. 132, Note 263. 
10 G. S. für Hannover 1845, Abt. I, S. 465 ff. 
An Stelle des §. 4 des Gesetzes ist gemäß Ges. v. 
6. Mai 1886 (G. S. 1886, S. 144) §. 48 
A. L. R. II, 12 getreten. Strafdrohung gegen 
Schulversäumnis im Hannoversch. Pol. St. G. B. 
v. 25. Mai 1847, §. 125; v. Bremen, Volks- 
schule, S. 601. 
11 G. S. 1905, S. 1. 
½ liber die in den einzelnen Teilen der Provinz 
Hannover und bezüglich der verschiedenen Konfessio- 
nen bestehenden Abweichungen vgl. die in Eb- 
hardts Staatsverfassung des Königreichs Han- 
nover, S. 171, Note “ angef. gesetzlichen Be- 
stimmungen.
	        
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