Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Dritter Band. Zweite Abteilung. (3_2)

278 Unterrichtswesen. (8. 137.) 
Geltendes Recht ist diese Vorschrift des Abs. 3, Satz 2 des Art. 24 erst seit 
dem V. U. G.11„, welches das Nähere über die Anstellung der Volksschullehrer ver- 
ordnet hat (§§. 58 ff.). Nach dem V. U. G. (§. 58) werden die Rektoren, Haupt- 
lehrer, Lehrer und Lehrerinnen an den öffentlichen Volksschulen von der Schul- 
aufsichtsbehörde unter der durch das Gesetz geordneten Beteiligung der Schulverbände aus 
der Zahl der Befähigten angestellt. Diejenigen Stellen, deren Inhabern Leitungsbefug- 
nisse zustehen, besetzt die Schulaufsichtsbehörde (Regierung) allein (§. 60); die übrigen 
Lehrer und Lehrerinnen werden von der Gemeindebehörde aus der Zahl der Befähigten 
binnen einer von der Regierung gesetzten Frist gewählt (§. 59), von der Regierung be- 
stätigt (was nur aus erheblichen Gründen versagt werden darf) und für den Schul- 
verband angestellt (§. 59, Abs. 3). Die die Anstellung der Lehrer betreffenden Bestim- 
mungen des V. U. G. sind lediglich als Provisorium gedacht; sie sollen nach S. 58, 
unn 1 nur „bis zum Erlaß eines allgemeinen Gesetzes über die Lehreranstellung“ 
gelten. 
IV. Da die Verfassungsurkunde ebenso wie das Allgemeine Landrecht die öffentliche 
Schule wesentlich als Staatsanstalt auffaßt, so mußte sie auch in richtiger Konsequenz 
dieses Grundsatzes alle öffentlichen Lehrer für Staatsbeamte erklären. Der zweite 
Satz des Art. 23 bestimmt daher, daß „die öffentlichen Lehrer die Rechte und Pflichten 
der Staatsdiener haben“.4 Das Allgemeine Landrecht hat nur die Lehrer an den Gym- 
nasien und anderen höheren Schulen, desgleichen die Professoren und Lehrer an den 
Universitäten ausdrücklich für Beamte des Staates erklärt 5, während seine von den Volks- 
schullehrern handelnden Bestimmungen 5 von deren Qualität als Staatsbeamte schweigen. 
Hieraus könnte gefolgert werden, daß das Allgemeine Landrecht die Volksschullehrer nicht 
als Staatsbeamte angesehen wissen wollte." Indes sind schon in späteren Erlassen alle, 
insbesondere auch die Elementarschullehrer, für Staatsverwaltungsbeamte erklärt worden? 
  
des Min. v. Ladenberg (S. 25—27) erklären 
dies für notwendig und zweckmäßig und bemerken, 
daß dem etwaigen Mißbrauche des Rechts durch 
Ausübung des Oberaufsichtsrechts der Regierung 
entgegenzutreten sei. Bei der Revision hat indes 
der Art. 24, Abs. 2 der Verf. Urk. v. 31. Jan. 
1850 die oben im Texte mitgeteilte Fassung er- 
halten, wodurch das Wahlrecht der Gemeinden 
so gut wie beseitigt war. Diese Anderung wurde 
beschlossen, „weil die Kammern es für bedenklich 
hielten, die Anstellung der Lehrer ganz den Ge- 
meinden zu überlassen, da kaum dafür einzu- 
stehen sei, daß die politischen Gemeinden immer 
mit gehöriger Sorgfalt bei der Besetzung ver- 
fahren und stets nur nach Verdienst und Be- 
fähigung wählen würden, ohne neben dem Be- 
dürfnis der Schule auch den Punkt der Aus- 
gabe zu berücksichtigen“ (vgl. den Komm. Ber. 
des Zentralaussch. der 1. K. in den Stenogr. Ber. 
1849—50, Bd. III, S. 1056; v. Rönne, Verf. 
Urk., Art. 24, S. 54—57; Anschütz a. a. O. 
S. 431, 434, 463). Uber die Art und Weise, 
wie der Min. d. geistl. Ang. v. Ladenberg die 
Beteiligung der Gemeinden bei der Anstellung 
der Lehrer (durch Einräumung eines Präsentations- 
rechtes) im Unterrichtsgesetze zu wahren beab- 
sichtigte, vgl. dessen Erklär. in den Stenogr. Ber. 
der 1. K. 1849—50, Bd. III, S. 1074, und der 
2. K., Bd. III, S. 1233. 
#1 Vgl. das frühere Recht bei v. Rönne, 
4. Aufl., Bd. II, S. 481. 
Für die Provinzen Westpreußen und Posen 
ist das Ges. v. 15. Juli 1886 maßgebend. 
2 Anschütz, Verf. Urk. I, S. 418—430. 
4 Weder der Entwurf der Verf. Komm . der 
  
Nat. Vers. noch der Entwurf der Zentralabteilung 
enthalten diese Bestimmung. Dagegen findet sich 
dieselbe im §. 18 der Beschlüsse der D. Nat. Vers. 
über das Unterrichtswesen und ist daraus in den 
letzten Satz des Art. 20 der oktroy. Verf. Urk. v. 
5. Dez. 1848 in folgender Fassung übergegangen: 
„Die öffentlichen Lehrer haben die Rechte der 
Staatsdiener.“ Bei der Revision wollte die 1. K. 
den Satz gestrichen wissen; als indes die 2. K. 
dies ablehnte, verblieb es bei der Annahme des 
Satzes, jedoch mit der Modifikation, daß hinter 
den Worten: „die Rechte"“ die Worte eingeschaltet 
wurden: „und die Pflichten“ (vgl. v. Rönne, 
Verf. Urk., Art. 23, S. 52—54; Anschütz, 
a. a. O., S. 418f.). 
5 A. L. R., II, 12, §. 65: Die Lehrer bei den 
Gymnasien und anderen höheren Schulen werden 
als Beamte des Staates angesehen und genießen 
der Regel nach einen privilegierten Gerichtsstand. 
§. 73. Alle, sowohl ordentliche, als außerordent- 
liche Professoren, Lehrer und Ossizianten auf 
Universitäten genießen die Rechte der königl. 
Beamten. 
s §§. 26—28 a. a. O. 
7 Den (eetzt beseitigten) privilegierten Gerichts- 
stand spricht der §. 26 a. a. O. den gemeinen 
Schullehrern sogar ausdrücklich ab. 
5 Demgemäß erklärte auch das auf Allerh. 
Spezialbefehl erlassene Reskr. v. 21. Aug. 1799 
(Mylius, N. C. C., Teil X, S. 2603; Nabes 
Samml., Bd. V, S. 539), daß unter den in 
wirklichen Diensten stehenden königl. Zivilbedienten 
Kirchen= und Schulbediente nicht begriffen seien. 
i Schon ein Reskr. des Just. Min. v. 26. April 
1802 (Mylius, N. C. C., Teil XI, S. 873,
	        
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