Full text: Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten. Erster Theil, Erster Band. (1)

Von Willenserklärungen. 169 
8. 164. Ist eine gewisse 180) Zeit dergestalt beigefügt, daß mit dem Ablauf 
derselben die Ausübung des Rechtes ihren Anfang nehmen soll 10%1), so muß zwar der 
Berechtigte den Eintritt dieses Zeitpunkts abwarten: 
§. 165. Doch ist das Recht selbst für vollständig erworben zu achten, und geht 
daher, wenn es nicht an die Person des Berechtigten gebunden ist, auf die Erben 
desselben über 1). 
§. 166. Der Verpflichtete darf in der Zwischenzeit nichts vormehmen 198), wo- 
durch das Recht des Andern geschmälert, oder gar vereitelt werden könnte. 
§. 167. JIst eine gewisse Zeit dergestalt beigefügt, das ?".) dadurch die Dauer 
des durch die Wlllensertsürn übertragenen Rechtes bestimmt werden soll!“), so hört 
mit dem Ablauf dieser Zeit das Recht von selbst wieder auf'). 
§. 168. Derjenige, dem solchergestalt ein Recht nur auf eine gewisse Zeit ein- 
g#räumt worden, darf, wäsen derselben, zum Nachtheil desjenigen, an welchen das 
echt, nach Ablauf dieser Zeit, gelangen soll, nichts vornehmen. 
zweifellos, er enthält keine ungewisse Zeit in dem hier gemeinten Sinne, das darauf versicherte Recht 
ist unbedingt und bloß betagt. Zweiselhaft aber ist ein dritter Fall, wenn das Recht auf die eigene 
Volljöhrigkeit oder auf den Tag der Volljährigkeit oder des Todes eines Dritten gestellt ist: hier ist es 
ungewiß, ob der Bedachte den Tog der eigenen Volljährigkeit oder den Tag des Todes des Dritteu er- 
leben werde; und bei der Bolljährigkeit des Dritten ist noch die weiere Ungewißheit: ob er selbst den 
Tag erleben werde. Diesen ch# läßt das L. R. unerledigt. Das R. R. sieht dergleichen Zeitbe- 
stimmung bei Verträgen stets als eine gewisse Zeit an (L. 10, 16, 5. 1; L. 17 D. de cond. 
ind. (XII, 6|), bei Testamenten aber in der Regel alt einen dies incertus, doch mit der Aus- 
nahme, wenn nicht der Testator das Gegentheil wolle. L. 21 pr., L. 22 pr. D. quando dies (XIXXVI. 2): 
L 36, S. 1 D. de condit. (XXXV. I: L. 49, SÖ. 2, 3 D. de leg. I, vergl. mit L. 26, S. 1 D. quando 
dies; L. 46 D. ad S. C. Trebell. (XXXVI. 1) und L 3, 5 C. quando dies (VI. 53). Hiernach ist 
e# quasestio facu: ob der Aufall des Reches, oder nur die Erlüllung suspendirt sein soll. Das muß 
auch nach L. R. behauptet werden, und zwar ohne Unterscheidung der beiden Arden von Willenserklärun- 
gen, weil in dieser Beziehung hier kein Unterschied gemacht wird. Es handelt sich somit bloß um Aus- 
legung der Willenserklärung in solchem zweifelhaften Falle. 
(4. A.) Das Versprechen des Schulduers, Zahlung zu leisten, sobald er zu besseren Vermögens- 
umständen gelangt sein würde, enthält eine ungewisse Zeitbestimmung im Sinne des §. 163. Erk. des 
Obertr. v. 19. Juli 1853 (Arch. f. Rechtsf. Bd. IX, S. 355). 
160) Darauf kommt nichts an, ob die Zeit abfolut gewiß (durch Bestimmung eines Kalendertages) 
oder nur relativ gewiß ist (durch Verknüpfung mit einem gewiß eintreffenden Ereignisse). Wesentlich 
ist nur die Gewißheit des künftigen Ereignisses, wie der Tod jedes Menschen. S. übrigens die vor. 
Anm. wegen der zweifelhaften Zeitbestimmung, und o. S. 127 d. T. 
161) Man nennt eine solche Zeit Anfangstermin, terminus a duo; in den QOuellen heißt 
eß ex die und in diem. 
162) Darin besteht eben die wesentliche Berschiedenheit der Zeitbestimmung von der Bedingung. 
Allein diese Verschiedenheit hat ja durch die Uebertragbarkeit und Vererblichkeit eines bedingten Rechts, 
welche durch die Bestimmung des 5K. 161 als Regel eingeführt ist, ihre Wichtigkeit verloren, sie hat nur 
noch für die seltenen Ausnahmefälle der §. 162 praktische Bedeutung. 
163) Geschieht das dennoch, so kann Sicherheitsbestellung gesordert werden, wenn der Verpflichtcte 
sonst an sich auch nicht für unsicher gelten mochte; denn der Berechtigte hat gerade dieses bestimmte 
Recht zu fordern und braucht sich nicht auf das Aequivalent der Entschädigung verweisen zu lassen. 
(4. 1) In welcher Gesinnung das „vornehmen“ geschehen sein muß, darüber . m. oben die Anm. 107 
zu §. 105. 
164) Es muß „daß“ heißen nach den Regeln der Orthographie. S. auch R. v. 27. Dez. 1639 
(Jahrb. Bd. L, S. 469). 
1865) Diese Zeit nennt man Endtermin, terminos ad quem; in den Quellen heißt das Ver- 
hältniß ao diem. Der Endtermin ist der Resolutivbedingung ganz ähulich. Welche Wirkung ein un- 
möglicher Endtermin habe, ist ungewiß. Z. B. ein Haus wird an Jemand auf 100 Jahre vermiethet. 
Der natürlichste Gedanke ist der, daß in solchem Falle das Rechtsverhältniß gar nicht ad diem geschlos- 
sen sei, denn die Zeitbestimmung ist wesentlich eine zeitliche Beschränkung des Rechts und das Mieths- 
recht ist sciner Natur nach vergleichungsweise bald vergänglich, so daß der Endtermin, wenn er seine 
natürliche Bedeutung haben soll, das längste Ziel, welches die Miethe möglicherweise haben kann, nicht 
überschreiten darf. Sonst würde ein ganz neues Institut, eine Erbmiethe entstehen. 
166) (4. A.) Bergl. unten §. 314, Tit. 11 und die Anm. 18° dagu. 
 
	        
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