Aufsicht über Volksschule und Mittelschule. (8. 140.) 291
b) Nebenamtliche oder ehrenamtliche Kreisschulinspektoren 1 bestehen in einem
großen Teile der Monarchie, in einzelnen Provinzen fast ausschließlich. Das Amt des
nebenamtlichen Kreisschulinspektors ist nach der historischen Entwicklung in der Regel
mit dem Amt des Geistlichen verbunden. Deshalb ist sogar kirchenrechtlich vielfach die
Anordnung getroffen, daß die Pfarramtskandidaten zu einem mehrwöchigen Besuch eines
Schullehrerseminars verpflichtet sind,
inspektoramtes zu gewinnen.
um einen Eirnblick in die Geschäfte des Schul-
Die Bestellung von Geistlichen zu nebenamtlichen Kreis-
schulinspektoren und ihre Entlassung aus diesem Amt erfolgt,
soweit möglich, nach Be-
nehmen mit den zuständigen kirchlichen Behörden. Die Bestellung geschieht widerruflich
(Ges. v. 11. März 1872, §.
2, Abs. 2).
Auch die Pflichten dieser nebenamtlichen
Inspektoren sind durch besondere Instruktionen geordnet.
2. Die Ortsschulinspektoren 4 werden stets im Nebenamt und auf Widerruf
(Ges. v. 11. März 1872, §. 2, Abs. 2) angestellt. 5
nebenamtlichen Kreisschulinspektoren den Geistlichen entnommen.
förmlichen Anstellungsurkunde ist nicht erforderlich."
Sie werden ebenso wie die
Die Aushändigung einer
Sie haben als Organe der Re-
gierung die Aufsicht über die öffentlichen und privaten Schul= und Unterrichtsanstalten zu
führen.
Im einzelnen bestimmen sich ihre Pflichten nach provinziellen Instruktionen.7
So haben sie z. B. Amtsüberschreitungen und Dienstvernachlässigungen entgegenzutreten,
über Mißstände zu berichten, über Erfüllung der Schulpflicht, Befolgung des Stunden-
und Lehrplanes sowie der Ferienordnung zu wachen; sie sind befugt,
im Unterricht zu
hospitieren; sie leiten die Versetzungsprüfungen und halten die öffentliche Schulprüfung
ab; sie sind berechtigt, Lehrern und Schulpflichtigen kürzeren Urlaub zu erteilen.
3. Die Seminardirektoren haben die Pflicht, jährlich einen Teil des Bezirkes,
für welchen ihr Seminar Lehrer zu bilden hat,
bereisen.
zur Untersuchung der Landschulen zu
4. Auch die Landräte sind als Organe der Regierung verpflichtet, zur Beaufsich-
tigung der Schulen in ihrem Kreise mitzuwirken.
B) Die kommunalen Aufsichtsbehörden sind verschieden für Stadt und
Land;
in den Stadtgemeinden sind es die Stadtschuldeputationen,
in den Land-
gemeinden und Gutsbezirken die Schulvorstände.
1. Die städtischen Schuldeputationen bestehen seit Anfang des 19. Jahr-
hunderts.
— 179). 11
Ihre Anordnung erfolgte durch die Städteordnung v. 19. Nov. 1808 (88. 174
Die revidierte Städteordnung v. 17. März 1831 (F. 107) 12 und die Städte-
ordnung v. 30. Mai 1853 für die östlichen Provinzen (§. 59) 13 sowie die Städteord-
nung v. 19. März 1856 für die Provinz Westfalen (§. 59)14 haben es zunächst hierbei
belassen. 15
Hiernach sollten die Schulangelegenheiten von Deputationen geleitet wer-
1 v. Bremen, Volksschule, S. 190.
: Min. Erl. v. 30. Jan. 1842, M. Bl. S. 64.
*s Min. Erl. v. 8. Mai 1871, Z. U. V. S.340;
v. 22. März 1880, 3Z. U. V., S. 417.
4 v. Bremen, Volksschule, S. 190 f.; Hilde-
brandt-Quehl, S. 42ff.
5 Min. Erl. v. 16. April 1872, Z. U. V. S
257; v. 6. Mai 1887, Z. U. V. S. 514.
* Min. Erl. v. G. Mai 1887.
7 Hildebrandt-Quehl, S. 47 ff.
5 Vgl. Min. Erl. v. 1. Juni 1826 (v. Kamptz,
Ann., Bd. X, S. 358) und v. 30. Aug. 1840
(M. Bl. d. i. Verw. 1840, S. 358). Über die Orts-
schulaufsicht der Rektoren vgl. den Min. Erl. v.
25. Juli 1892 (8. U. V. 1892, S. 834).
* Vgl. Instr. für die Landräte v. 31. Dez. 1816
(in v. Rönne, Unterrichtswesen, Bd. I, S. 370);
Hildebrandt-Quehl, 1908, S. 10 ff.
10 Aufsichtsges. v. 11. März 1872, §. 3.
11 Mylius, N. C. C., XII, S. 471. Rabes
Sammlung, Bd. IX, S. 321.
12 G. S. 1831, S. 10.
18 G. S. 1853, S. 261.
14 G. S. 1856, S. 273.
15 Vgl. §. 13 der Instr. des Min. d. Jun.
v. 20. Juni 1853 zur Ausführung der St. O.
v. 30. Mai 1853 (M. Bl. d. i. Verw. 1853, S. 138)
und Min. Erl. v. 17. Febr. 1854 (a. a. O. 1854,
S. 46), v. 17. Juni 1864 (a. a. O., 1864, S.
195), v. 21. Dez. 1864 (M. Bl. d. i. Verw. 1865,
S. 23—25). Auch die St. O. v. 15. Mai 1856
für die Rheinprovinz (G. S. 1856, S. 406) ent-
hält (§. 54) eine gleiche Vorschrift, daß zur
dauernden Verwaltung oder Beaufsichtigung einzel-
ner Geschäftszweige besondere Deputationen ent-
weder bloß aus Stadtverordneten oder aus letzteren
und aus stimmfähigen Bürgern gewählt werden
können, welche dem Bürgermeister untergeordnet
sind. Über die Teilnahme der Bürgermeister in
der Rheinprovinz an der Beaufsichtigung des
Schulwesens vgl. den Erlaß der Regierung zu
Trier v. 16. Juli 1836 (v. Kamptz, Ann., Bd.
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