Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Dritter Band. Zweite Abteilung. (3_2)

296 Unterrichtswesen. (S8. 141.) 
17. Lebensjahr vollendet und darf das 24. noch nicht überschritten haben; doch kann 
die Zulassung eines älteren Aspiranten vom Provinzialschulkollegium genehmigt werden, 
wenn sie in Rücksicht auf seine Persönlichkeit und seine bisherigen Lebensverhältnisse un- 
bedenklich ist (§. 4).1 
5. Die für die Aufnahme in das Seminar geeignet befundenen Aspiranten werden 
einer ärztlichen Untersuchung durch den Anstaltsarzt unterworfen, von deren Ergebnis 
die schließliche Entscheidung abhängt (8. 5). 
6. Die Prüfung wird von dem Seminarlehrerkollegium unter Vorsitz eines Kom- 
missars des Provinzialschulkollegiums abgehalten. Den Kreisschulinspektoren und den 
Präparandenbildnern des Bezirkes ist es gestattet, der Prüfung beizuwohnen (§. 6). 
7. Die Prüfung ist eine schriftliche und eine mündliche. In der schriftlichen 
Prüfung hat der Examinand über ein aus seinem Anschauungskreise gewähltes Thema eine 
kleine Ausarbeitung zu fertigen und eine Anzahl von Fragen aus dem Gebiete der ver- 
schiedenen Prüfungsgegenstände zu beantworten.? Die mündliche Prüfung verbreitet sich 
über sämtliche obligatorische Lehrgegenstände des Seminarunterrichtes, nämlich: Religion, 
Deutsch, Französisch oder Englisch, Geschichte, Mathematik (Rechnen und Raumlehre), 
Naturkunde, Erdkunde, Schreiben, Zeichnen, Turnen, Musik. Ausgeschlossen von der 
Prüfung ist die Schulkunde (8. 7). 
Nach dem Bestehen der Prüfung erfolgt die Aufnahme in das Seminar. 
II. Was den Unterricht im Seminar betrifft, so ist nach der jetzt maßgeben- 
den Lehrordnung v. 1. Juli 1901 bzw. 15. Okt. 1872 jedes Schullehrerseminar mit 
einer mehrklassigen und einer einklassigen Übungsschule organisch zu verbinden (§. 1 der 
Lehrordnung). Die Arbeit in der Übungsschule wird unter der Aufsicht des Seminar- 
direktors durch einen besonderen Lehrer als Ordinarius derselben geleitet; diese Funktion 
ist möglichst einem ordentlichen Seminarlehrer zu übertragen; in jedem Falle aber ist 
der Ordinarius der Ubungsschule Mitglied des Seminarlehrerschulkollegiums (§. 2). 
Der Unterrichtskursus im Seminare dauert drei Jahre (§. 3). Der Unterricht wird in 
drei Klassen erteilt. Der Unterricht, welchen die Seminaristen empfangen, soll in seiner 
Form ein Muster desjenigen sein, welchen sie als Lehrer später zu erteilen haben wer- 
den (§. 10). 
Der Unterricht im Seminar ist frei, er wird nach einem bestimmten Lehrplan er- 
teilt. Lehrfächer sind: Pädagogik, Religion, Deutsch, Französisch oder Englisch, Geschichte, 
Mathematik (Rechnen und Raumlehre), Naturkunde, Erdkunde, Zeichnen, Turnen, Musik, 
landwirtschaftlicher Unterricht. 
III. Jeder Volksschullehrer muß sich vor seiner Anstellung bestimmten Prüfungen 
vor der zuständigen Behörde unterwerfen. 
1. Für die erste Lehrerprüfung, die Entlassungsprüfung am Lehrerseminar, 
sind die Bestimmungen der Ministerialerlasse v. 15. Okt. 1872 4 und v. 1. Juli 19015 
maßgebend. Die bestandene Prüfung berechtigt zur provisorischen Verwaltung eines 
Schulamtes. Zu dieser Prüfung werden auch nicht im Seminar gebildete Lehramts- 
kandidaten zugelassen, welche das 20. Lebensjahr zurückgelegt und durch Zeugnisse ihre 
sittliche Unbescholtenheit und ihre körperliche Befähigung zur Verwaltung eines Lehramtes 
nachgewiesen haben. Diese Lehramtskandidaten haben sich bis spätestens drei Wochen 
vor dem Prüfungstermine, der durch das Regierungsamtsblatt bekannt gemacht wird, unter 
  
1 Über die ausnahmsweise Zulassung jün9gerer 
Aspiranten vgl. den Min. Erl. v. 3. Mai 1873 
und 4. Mai 1876 (8. U. V. 1873, S. 279 und 
1876, S. 286). 
2 Doch kann an deren Stelle je eine Aus- 
arbeitung über eine angemessen zu begrenzende 
Aufgabe treten. Min. Erl. v. 1. Juli 1901, Z. 
U. V. S. 641. 
3 A. L. R. II, 12, 8§. 24, 25; Gen. Landschul- 
regl. v. 12. Aug. 1763, g. 14;r Hildebrandt- 
Quehl, S. 234 ff.; Nachtrag S. 75 ff. 
  
4 M. Bl. d. i. Verw. 1872, S. 292, Nr. 258; 
Z. U. V. 1872, S. 292. 
5 Hildebrandt- Quehl, S. 234f. 
2 Wegen der Anstellung von Personen, die vor 
außerpreußischen Prüfungsbehörden des Deutschen 
Reichs Prüfungen abgelegt haben, sowie von Aus- 
ländern vgl. die bei Hildebrandt-Quehl a. a. 
O., S. 316—322 und Nachtrag S. 107—108 
mitgeteilten Ministerialerlasse. Vgl. das. S. 322 
—324 über den Einfluß des religiösen Bekennt- 
nisses und die Anstellung von Mitgliedern geist-
	        
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