306 Unterrichtswesen. (8. 142.)
3. Die konfessionelle Minderheit berücksichtigt das V. U. G. einerseits durch
Einrichtung konfessionellen Religionsunterrichts, andererseits durch Errichtung besonderer
konfessioneller Schulen.
a) Wenn in einer öffentlichen Volksschule, die nur mit katholischen oder nur mit
evangelischen Lehrkräften besetzt ist, die Zahl der einheimischen evangelischen oder katho—
lischen Schulkinder dauernd mindestens 12 beträgt, so ist tunlichst für diese ein beson-
derer Religionsunterricht einzurichten. Wo eine anderweitige Beschaffung des Reli-
gionsunterrichts mit erheblichen Schwierigkeiten und Kosten verbunden ist, darf zum Zwecke
seiner Erteilung eine evangelische oder katholische Lehrkraft angestellt werden, welche auch
mit der Erteilung anderweitigen Unterrichts zu betrauen ist (§. 37). Die hier vorge-
sehene Einrichtung begründet eine gewisse Simultanisierung der Schule, wenngleich sie
im übrigen aber doch nicht den Simultanschulen, sondern den Konfessionsschulen zuzu-
rechnen ist.
b) Wie oben bemerkt, sind da, wo Simultanschulen neu errichtet werden, nach
5 Jahren unter Umständen daneben Konfessionsschulen zu errichten. Beträgt näm-
lich in einer Simultanschule die Zahl der Kinder während 5 Jahren über 60, in Städten
und größeren Landgemeinden über 120, so ist auf Antrag der gesetzlichen Vertreter der
Kinder eine Konfessionsschule einzurichten (§. 36, Abs. 9, 10). Wenn in einem Schul-
verbande lediglich Konfessionsschulen der einen Ponfession bestehen, die Zahl der ein-
heimischen schulpflichtigen Kinder der andern Konfession aber während 5 Jahren über
60 bzw. 120 beträgt, so ist auf Antrag der gesetzlichen Vertreter der Kinder für diese
eine eigene Konfessionsschule einzurichten. Wenn die Zahl der Kinder im letzteren Falle
geringer ist, darf die Errichtung der eigenen Konfessionsschule von der Schulaufsichts-
behörde nur aus besonderen Gründen angeordnet werden (8. 39).
4. Für die jüdischen Volksschulen bringt das V. U. G. entsprechend dem be-
stehenden Recht zum Ausdruck, daß die jüdischen öffentlichen Schulen nur mit jüdischen
Lehrkräften zu besetzen und nur für die jüdischen Kinder bestimmt sind. Der Besuch
durch christliche Kinder ist ausgeschlossen. Für die Errichtung, Unterhaltung und Ver-
waltung dieser Schulen bleiben die bestehenden Vorschriften in Kraft. Nach §. 67,
Nr. 3 des Gesetzes v. 23. Juli 1847 über die Verhältnisse der Juden können diese im
Falle der Errichtung einer eigenen öffentlichen Schule eine Beihilfe aus Gemeindemitteln
beanspruchen. Die zur Unterhaltung einer jüdischen Schule Verpflichteten gelten als
Schulverbände im Sinne des V. U. G. Die jüdischen Schulsozietäten gelten also als
Schulverbände. Die jüdischen Kinder sind berechtigt, die öffentlichen christlichen
Volksschulen zu besuchen, und dazu verpflichtet, soweit sie nicht anderweit genügenden
Unterricht erhalten. Zur Teilnahme am christlichen Religionsunterricht sind sie natürlich
nicht verbunden. Die Sorge für den jüdischen Religionsunterricht ist Sache der Syna-
gogengemeinden; diesen Religionsunterricht müssen die bürgerlichen Gemeinden unter ge-
wissen Voraussetzungen unterstützen (V. U. G. §. 40).
IV. Die Entlassung aus der Schule erfolgt in der Regel nach siebenjährigem
Besuch der Schule. Sie soll erst dann erfolgen, wenn das Kind das 14. Lebensjahr
vollendet und sich die nötigen Kenntnisse erworben hat 1, was durch die Entlassungs-
prüfung festzustellen ist. Sehen sich Ortsschulinspektor und Lehrer veranlaßt, die Ent-
lassung wegen mangelnder Reife hinauszuschieben, so ist nach einer vom Lehrer im Bei-
sein des Schulinspektors vorgenommenen Prüfung darüber zu entscheiden. Gesuche um
Dispensation vom Schulbesuch vor dem Entlassungstermin sind beim Ortsschulinspektor
oder bei der mit der Schulaufsicht betrauten Ortsschulbehörde anzubringen. Die einmal
geschehene Entlassung aus der Schule ist eine endgültige, gleichgültig, ob sie bestimmungs-
gemäß erfolgt ist oder nicht.?
1 Vgl. §§. 1 u. 2 des Generallandschulregl. :2 Hildebrandt-Quehl, S. 637 ff., 1163;
v. 12. A. 1763; A. L. R., II, 12, m 46; Kab. Nachtrag S. 202ff. -
O. v. 14. Mai 1825 (G. S S. 1825, S 149).