Nebenanstalten der Volksschule. (8. 144.) 315
Pflegeeltern, welche nachzuweisen haben, daß dies geschieht (§. 29, Abs. 1). Fast gleich-
lautende Vorschriften hat für das vormalige Herzogtum Holstein das Gesetz v. 14. Juli
18631 aufgestellt. Das Recht des ehemaligen Herzogtums Lauenburg kennt keine
Sonderbestimmungen über Errichtung und Unterhaltung jüdischer Schulen; für den
Religionsunterricht verfügt jedoch §. 15 der Landschulordnung v. 10. Okt. 1868, daß
solche schulpflichtige Kinder, die nicht dem evangelisch-lutherischen Bekenntnis angehören,
auf den Wunsch der Erziehungsberechtigten von der Teilnahme am Religionsunterricht
in der Schule immer zu dispensieren sind.
In dem vormaligen Kurfürstentum Hessen sind, zufolge des §. 12 der Verord-
nung v. 30. Dez. 1823 betreffend die gemeinheitlichen Verhältnisse der Israeliten 2, die
jüdischen Glaubensgenossen zwar verbunden, ihre Kinder in die öffentlichen Schulen ihres
Wohnortes zu schicken, jedoch steht den Juden eines Ortes oder mehrerer benachbarter
Orte frei, eine eigene öffentliche und mit geprüften Lehrern gehörig zu besetzende Schule,
unter der Aufsicht des Vorsteheramtes, sowie des Landrates und unter Leitung der Regie-
rung, mit Genehmigung des Ministeriums des Junern einzurichten. §. 12 des Gesetzes
v. 29. Okt. 1833 zur gleichförmigen Ordnung der besonderen Verhältnisse der Israeliten 5
hat die Regierungen ermächtigt, denjenigen Synagogengemeinden, welche zum Jugend-
unterricht fähige und nach Vorschrift des §. 11 a. a. O. geprüfte Lehrer vorzuschlagen
und zu besolden vermögen, die nach §. 12 der Verordnung v. 30. Dez. 1823 erforder-
liche Genehmigung zur Errichtung eigener vollständiger öffentlicher Schulen zu erteilen.
Im Kreise Biedenkopf und den anderen ehemals großherzoglich hessischen Ge-
bietsteilen gilt das großherzoglich hessische Edikt v. 17. Juli 1823.4 Danach soll jeder
Bekenner der mosaischen Neligion verbunden sein, seine Kinder fernerhin zum Besuche
der öffentlich angeordneten Schulen anzuhalten; doch soll es allen mosaischen Gemeinden
freistehen, eigene Schulen zu errichten; wo die Bekenner der mosaischen Religion eigene
Schulen nicht, oder doch nur solche haben, in welchen außer der Religionslehre kein
sonstiger Unterricht erteilt wird, sollen ihre Kinder die Ortsschulen besuchen. Und das
Edikt v. 6. Juni 1832 5 verpflichtet die Bekenner der mosaischen Religion mangels
eigener Elementarschulen, ihre Kinder zum Besuch der öffentlich angeordneten christlichen
Schulen anzuhalten und an deren Unterricht mit Ausnahme des Religionsunterrichts
teilnehmen zu lassen. Errichten die israelitischen Einwohner nach den Bestimmungen
des Edikts v. 17. Juli 1823 eigene Schulen, so finden auf diese alle für die öffent-
lichen Schulen bestehenden Anordnungen volle Anwendung. Für die vormalige Land-
grafschaft Hessen-Homburg hat das zufolge der Verordnung v. 19. Aug. 18425 für
dieselbe in Geltung getretene Edikt v. 9. Okt. 1838 betreffend die Einrichtung des Volks-
schulwesens! im Art. 46 bestimmt, daß die Bekenner der mosaischen Religion, sofern
sie nicht eigene Elementarschulen haben, verpflichtet sind, ihre Kinder die öffentliche christ-
liche Schule ihres Ortes besuchen und an allen Unterrichtsgegenständen, mit Ausnahme
des Religionsunterrichts, teilnehmen zu lassen, daß sie jedoch mit Erlaubnis der Regie-
rung eine eigene Schule an ihrem Orte gründen dürfen und daß alsdann auf solche
Schulen alle für die öffentlichen Volksschulen geltenden Bestimmungen volle Anwendung
finden und die Lehrer solcher jüdischer Schulen unter der Aufsicht der Staatsbehörden stehen.
Während im ehemaligen Landkreis 7 ankfurt a. M., soweit er früher zum Kur-
fürstentum Hessen gehörte, die kurhessischen Verordnungen gelten, sind für den übrigen
Teil des Landkreises sowie für den Stadtkreis Frankfurt keine besonderen gesetzlichen Be-
stimmungen über das jüdische Schulwesen zu verzeichnen, ebenso nicht für das ehemalige
Herzogtum Nassau.
Dagegen erklärt für das vormalige Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen
das Gesetz v. 9. Aug. 1837 8 die Vorschriften und Anordnungen der allgemeinen Schul-
1 Ges.= u. M. Bl. f. d. Herzogt. H. u. L. 1863. 6 Regier. Bl. für Hessen-Homburg v. 28. Aug.
2 G. S. für Kurhessen 1832, S. 87. 1842, Nr. 13; Arch. der landgräfl. hessischen Ge-
3 Ebenda 1833, S. 144. setze und Berordnungen, S. 376, Nr. 258.
4 Arch. d. großherzogl. hesüchen Gesetze und 7 Regier. Bl. für Hessen-Homburg v. 4. Nov.
Verordnungen, Bd. VI, „S, 1838, Nr. 4; Archiv, S. 269, Nr. 187.
s Ebenda, Bd. VI, S Sigmaringer G. S., Bd. IV, S. 572.