Ortsgemeinden; das geltende Recht. (C. 63.) 237
verschiedenen Steuerkraft der Güterquellen, nicht eine solche der Person stattfinden
können, da die Ertragssteuern ihrer Natur nach den Abzug der Schuldenzinsen
und die Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse nicht zuließen, und es würde somit
der für die staatliche Besteuerung notwendig maßgebende Grundsatz der Besteuerung nach
der Leistungs fähigkeit nicht zur Durchführung gelangen. Schon die Durchführung
dieses, dem Begriff und Wesen des Staates am meisten entsprechenden Besteuerungs-
grundsatzes müsse dazu führen, sämtliche Realsteuern, nicht nur die Grund= und Gebäude-
steuer, sondern auch die Gewerbesteuer und die Bergwerksabgaben, aus dem Staats-
steuersysteme auszuscheiden und die allgemein mit Recht verlangte höhere Besteuerung
des fundierten Einkommens hier in anderer Weise, nämlich durch Einführung einer die
Einkommensteuer ergänzenden Vermögenssteuer herbeizuführen.
War man schon auf Grund dieser Erwägungen zur Beseitigung des staatlichen Ertrag-
steuersystems gekommen, so führten hierzu noch mehr die Rücksichten auf rie kommunalen
Steuerbedürfnisse. Hatte gerade die Belastung der Güterquellen mit staatlichen Ertrags-
steuern, insbesondere die Erhebung hoher Grund= und Gebäudesteuern die Folge gehabt,
daß die Gemeinden ihrerseits von einer Besteuerung dieser Güterquellen in dem durch
wirtschaftliche und kommunale Rücksichten gebotenen Umfange Abstand nahmen und ihren
Steuerbedar f ausschließlich oder doch zum größten Teile in der, wie wir sahen, für sie
selbst schärlichen Weise, durch Erhebung von Einkommensteuern deckten, so mußte die
Befreiung dieser Güterquellen von staatlichen Steuern sie zu geeigneten Objekten der
Kommunalbesteuerung machen, welche ja in Zukunft vorzugsweise auf Realsteuern beruhen
sollte. Auch standen der Verwendung der bestehenden Realsteuern als Kommunalsteuern
nicht die Bedenken entgegen, welche ihr Fortbestehen als Staatssteuern unzweckmäßig
erscheinen ließen. „Die ungleiche Veranlagung der Grundsteuer“ — so heißt es in der
Denkschrift — „4ritt innerhalb der Gemeinde nicht hervor. Als Staatssteuer sind die
Grundsteuer und im wesentlichen auch die Gebäudesteuer nicht geeignet, den veränderten
wirtschaftlichen Verhältnissen sich anzupassen. In der Gemeinde ist es leicht ausführbar,
bei rer Veranlagung der Realsteuern den Veränderungen in den Werts= und Ertrags-
verhältnissen zu folgen und so diese Steuern als lebendige Glieder des Gemeinde-
organismus zu gestalten. Innerhalb der Kommunalverbände kann — im Gegensatz zum
Staate — die Leistungsfähigkeit nicht den ausschließlichen Maßstab der Besteuerung
bilden. Er wird ergänzt werden müssen durch den Grundsatz der Leistung und
Gegenleistung. Neben den, die persönliche Leistungsfähigkeit berücksichtigenden per-
sönlichen Steuern wird daher regelmäßig ein, den Aufwendungen für die realen Güter-
quellen entsprechender Teil des Steuerbedarfs durch Realsteuern aufzubringen sein. In
dem engbegrenzten Gemeindebezirke lassen sich sowohl die besonderen wirtschaftlichen Vor-
teile, welche den einzelnen Güterquellen aus den Veranstaltungen der Gemeinde erwachsen,
als auch die derselben im Interesse von Grund= und Hausbesitz und Gewerbebetrieb
verursachten besonderen Kosten mit hinreichender Sicherheit übersehen, um auf diesen
Grundlagen das Maß der realen Besteuerung im Ganzen, wie für die einzelnen Güter-
quellen bestimmen zu können.“
Der gänzliche Verzicht des Staates auf die Grund-, Gebäude= und Gewerbesteuer
wurde also zum Ausgangspunkte dieses letzten großen, das gesamte direkte Steuerwesen
in Staat und Gemeinde ergreifenden Reformaktes genommen, und aus ihm ergaben sich
von selbst die bereits erwähnten beiden weiteren Aufgaben, dem Staate als Ersatz für
die aufgegebenen Steuern neue Einnahmequellen zu eröffnen und das Gemeindesteuer-
wesen auf seinen neuen Grundlagen zu regeln. Die Erfüllung der letztgenannten Auf-
gabe war der Zweck des Entwurfs eines Kommunalabgabengesetzes. Deckung für die
aufzugebenden Realsteuern sollte dem Staate aber geschaffen werden 1) durch eine nach
dem Vermögen umgelegte Personalsteuer, die „Ergänzungssteuer“; 2) durch die den Betrag
von 80 Millionen Mark übersteigenden, durch §. 82 des Einkommensteuergesetzes für die
Zwecke der Steuerreform festgelegten, jetzt aber dem Staate zufallenden Mehrerträge der
Einkommensteuer; 3) durch Aufhebung des Gesetzes v. 14. Mai 1885 (G. S., S. 128,
lex Huene), nach welchem der größte Teil der auf Preußen entfallenden Erträge der
landwirtschaftlichen Zölle vom Staat an die Kreise herauszuzahlen war, und endlich
4) durch Aufhebung der den Gemeinden bisher für Veranlagung der Gewerbe= und
Einkommensteuer und für Erhebung der Grund-, Gebäude= und Gewerbesteuer gezahlten