242 Zweiter Abschnitt. (F. 64.)
sich daher darauf, den Gemeinden im Gesetze nur einige wenige bindende Direktiven zu
geben 1, ihrer Entschließung im übrigen aber völlig freien Spielraum zu lassen. Die
staatlichen Aufsichtsbehörden können anregend und fördernd, insbesondere durch Aufstellung
und Veröffentlichung von Mustern zu Realsteuerordnungen, auf die Gemeinden einwirken,
sie können Mißbräuchen und Fehlgriffen derselben entgegentreten; darin erschöpft sich
aber auch ihre Mitwirkung bei der Ausbildung der örtlichen Realsteuersysteme.
Diese Umstände, daß man durch das Gesetz nicht sogleich neue Steuerformen
einführen wollte, die Ausbildung solcher durch die Gemeinden aber eine geraume Zeit
in Anspruch nehmen muß, waren die Veranlassung dafür, daß der Staat es übernommen
hat, die Veranlagung und Verwaltung der Grund-, Gebäude= und Gewerbesteuer unter
grundsätzlicher Aufrechterhaltung der dieserhalb bestehenden gesetzlichen Einrichtungen und
Vorschriften für die Zwecke der kommunalen Besteuerung fortzuführen.? „Die Gemeinden
werden hierdurch in die Lage gesetzt, die veranlagten Steuern durch Bestimmung von
Prozentsätzen in demjenigen Umfange weiter zu erheben, welcher durch ihren Steuer-
bedarf unter Anwendung der Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes bedingt wird.
Der Einführung besonderer kommunaler Realsteuern wird in keiner Weise vorgegriffen.
Die Fortführung der staatlichen Veranlagung setzt die Gemeinden in den Stand, die
Frage der Einführung besonderer Realsteuern sorgfältig zu prüfen und die hierauf
gerichteten Pläne ausreifen zu lassen.“?
2) Während das Gesetz so die Ausbildung besonderer Realsteuern begünstigt und-
geradezu fordert, tritt es der Erhebung besonderer Gemeindeeinkommensteuern
hindernd entgegen. Gemeindesteuern von Einkommen dürfen nur im engsten Anschlusse
an die Staatseinkommensteuer und in der Regel nur in Form von Zuschlägen erhoben
werden. Besondere Gemeindeeinkommensteuern sollen nur au besonderen Gründen gestattet
werden, und auch dann ist ihre individuelle Ausbildung durch gesetzliche Vorschriften
sehr eingeengt.“ Die zweite staatliche Personalsteuer, die Ergänzungssteuer, darf über-
haupt nicht für die Kommunalbesteuerung benutzt werden. Zuschläge zu derselben sind
unzulässig.
V. In Anlehnung an die Vorschriften der Landgemeindeordnung für die östlichen
Provinzen hat das Kommunalabgabengesetz den Gemeinden bindende Vorschriften über
die Verteilung des durch direkte Gemeindesteuern aufzubringenden Bedarfs
auf die verschiedenen Steuerarten gegeben.
Der zur Verteilung gelangende Bedarf selbst ist dadurch zu ermitteln, daß von
dem Gesamtbetrage des gemeindlichen Finanzbedarfs das Aufkommen an Gebühren,
Beiträgen und anderen nicht steuerlichen Einnahmen, das Aufkommen an indirekten
Steuern und endlich auch das Aufkommen einer etwa bestehenden Bauplatzsteuers und
einer in die Gemeindekasse fließenden Betriebssteuer' in Abzug gebracht wird. Nur der
hiernach Übrig bleibende Rest des Finanzbedarfs ist auf die direkten Steuern zu ver-
teilen, und zwar zunächst auf die Gesamtheit der Realsteuern einerseits, und auf die
Einkommensteuer andererseits; des weiteren hat dann eine Unterverteilung des auf die
Gesamtheit der Realsteuern entfallenden Betrages auf die einzelnen Arten derselben
zu erfolgen. Bei der Festsetzung des Verhältnisses, in welchem die Verteilung bezw. die
Unterverteilung zu erfolgen hat, geht das Gesetz davon aus, daß die Steuern in Form
von Zuschlägen zu den vom Staate veranlagten Realsteuern und der Staatseinkommen-
steuer erhoben werden, und bestimmt die Prozentsätze, mit welchen die einzelnen Steuer-
arten heranzuziehen sind. Kommen in einer Gemeinde besondere Gemeindesteuern zur
Hebung, so ist das Aufkommen dieser je nach ihrer Einrichtung und Beschaffenheit
1 K. A. G., 88. 25, 29. 5 K. A. G., §. 36, Abs. 1: „weil der Gemeinde
1 Ges. w. Aufheb. dir. Staatsst., §. 3. Ab= zur Deckung des Steuerbedarfs Realsteuern bereit
geändert sind zunächst nur die Vorschriften des estellt sind und die von den letzteren getroffenen.
Gew. St. G. v. 24. Juni 1891 über die Be- Boserte nicht noch einmal — nach dem Maß-
triebssteuer (Ges. w. Aufheb. dir. Staatsst,stabe des Ntoertrages — besteuert werden
§§. 12, 13). # können“. Mot. zu §. 30 des Gesetzentw., Abs. 2.
* Mot. des Gesetzentw. w. Aufheb. dir. Uber diese Steuer siehe unten §. 73.
Staatsst., a. a. O. ?* Über diese Steuer siehe unten §. 77.
4 K. A. G., §§. 36, 37. Näberes unten §. 78.