290 Zweiter Abschnitt. (F. 81.)
2) Auf Grund besonderer, einer Genehmigung bedürfender Beschlüsse der Gemeinden
können von der Gemeindeeinkommensteuer befreit oder zu ihr mit einem geringeren
Prozentsatze herangezogen werden:
a) Ausländer und Angehörige anderer Bundesstaaten, welche in der Gemeinde
einen Wohnsitz, aber nicht des Erwerbes wegen haben, auf die Dauer von höchstens
drei Jahren!;
b) Steuerpflichtige mit einem Einkommen von nicht mehr als 900 Mark, wenn
die Deckung des Bedarfs ohnehin gesichert ist; diese müssen freigelassen werden, wenn
sie im Wege der öffentlichen Armenpflege eine fortlaufende Unterstützung erhalten.?
III. Die Steuerpflicht in der Wohnsitzgemeinde ist hinsichtlich des gesamten, auch
des aus anderen Bundesstaaten oder aus dem Auslande fließenden Einkommens begründet.
Nur dasjenige Einkommen der Steuerpflichtigen ist bei der Veranlagung in ihren Wohn-
sitzgemeinden außer Berechnung zu lassen, welches für sie außerhalb des Gemeinde-
bezirkes (in preußischen oder nichtpreußischen Gemeinden oder Gutsbezirken) aus Grund-
vermögen, Handels= oder gewerblichen Anlagen, einschließlich der Bergwerke, aus Handels-
und Gewerbebetrieb, einschließlich des Bergbaues, sowie aus der Beteiligung an dem
Unternehmen einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung gewonnen wird (Forensal-
einkommen). Auch dieser Grundsatz erleidet jedoch eine Modifikation zu Gunsten der
Wohnsitzgemeinde; diese ist nämlich, wenn das in ihr hiernach zur Besteuerung gelangende
Einkommen weniger als ein Vierteil des Gesamteinkommens beträgt, berechtigt, ein
volles Vierteil des Gesamteinkommens für sich zur Besteuerung in Anspruch zu nehmen,
und zwar, soweit preußische Forensalgemeinden konkurrieren, unter entsprechender Ver-
kürzung des diesen Gemeinden zur Besteuerung zufallenden Einkommens. Will die Wohn-
sitzgemeinde von diesem Rechte Gebrauch machen, so muß sie dies durch einen beson-
deren Gemeindebeschluß konstatieren.)
§. 81.
55) Die Beamten insbesondere.“
Eine besondere Stellung unter den Einwohnern der Gemeinde nehmen hinsichtlich
der Besteuerung die Beamten ein. Diese sind in ihrer Wohnsitzgemeinde nicht von
ihrem ganzen persönlichen Einkommen heranzuziehen; das Diensteinkommen darf nur
mit gewissen Beschränkungen der Besteuerung in der Gemeinde zu Grunde gelegt werden.
Grund für diese besondere Behandlung des Diensteinkommens der Beamten, welches an
sich jedem anderen Einkommen im steuerlichen Sinne gleichsteht, war von jeher ein
doppelter: man nahm einmal an, daß bei Besteuerung nach gleichem Prozentsatze die
mit ihrem ganzen, seinem Betrage nach genau feststehenden Diensteinkommen heran-
gezogenen Beamten durchschnittlich stärker getroffen würden als die übrigen Einwohner,
deren volles Einkommen nie so genau bekannt ist, und man berücksichtigte andererseits,
daß die Beamten nicht wie andere Personen in der Lage sind, ihren Wohnort zu be-
stimmen und durch Übersiedelung in eine andere Gemeinde sich einem übermäßigen Drucke
der Gemeindeabgaben zu entziehen. Gegenwärtig kann nur letzterem Umstande eine Be-
deutung beigemessen werden, indem durch das neue Einkommensteuergesetz mit der Selbstein-
schätzung zu Staatssteuerzwecken und ebenso durch die Verpflichtung zur Auskunftserteilung
bei der Kommunalbesteuerung die Erfassung des wirklichen vollen Einkommens durch die
Steuer auch bei Nichtbeamten gesichert erscheint. Dies wurde auch bei den Beratungen
des Kommunalabgabengesetzes anerkannt; man hielt es jedoch bei der gegenwärtigen Un-
kommissarisch beschäftigten Regierungsrates); 2 K. A. G., 8. 88, Abs. 2.
jedenfalls gehören hierher die Tagegelder, welche 2 K. A. G., 8. 33, Abs. 1, Z. 1, u. 8. 49
die Beamten neben ihrer Besoldung gemäß dem in der Fassung der Novelle v. 30. Juli 1895;
Ges. v. 24. März 1873 (G. S., S. 122), der Grundz., III, B, c, a, 1. Näheres siehe unten
Vdg. v. 15. April 1876 (G. S., S. 107) und S. 309.
anderer auf Grund des §. 12 des eben genann- Leidig, S. 242; v. Möller, St., §. 89;
ten Gesetzes von 1873 erlassener Vogn. erhalten. LK., §. 71; Steffenhagen, §. 34; Grote-
1 K. A. G., F§. 39. fend, §. 259.