Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Ergänzungsband. Das Recht der Kommunalverbände in Preußen. (4)

Ortsgemeinden; das geltende Recht. (8. 84.) 
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gemeinde den Steuerpflichtigen, sofern er nur den Wohnsitz im Laufe des Steuerjahres 
nicht aufgiebt!, ohne Rücksicht auf seinen Aufenthalt? das ganze Jahr hindurch besteuern 
kann, steht der Aufenthaltsgemeinde ein Besteuerungsrecht nur für die Zeit des Auf- 
enthaltes des Censiten zu.? 
Konkurrieren bei der Besteuerung des Gesamteinkommens eines Censiten mehrere 
preußische Wohnsitz= bezw. Aufenthaltsgemeinden noch mit einer oder mehreren Forensal- 
gemeinden, so gilt Folgendes: Jeder Forensalgemeinde bleibt das in ihr gewonnene 
Forensaleinkommen zur Besteuerung. Das übrige Einkommen verteilen die Wohnsitz- 
bezw. Aufenthaltsgemeinden unter sich nach den eben erörterten Grundsätzen. 
Beträgt 
dieses zur Verteilung gelangende Einkommen weniger als ein Vierteil des Gesamtein- 
kommens, so müssen die preußischen Forensalgemeinden sich eine verhältnismäßige Kürzung 
gefallen lassen, damit allen preußischen Wohnsitz= und Aufenthaltsgemeinden zusammen 
wenigstens ein volles Vierteil zur Besteuerung verbleibt." 
  
Wohnsitzgemeinde kann den Censiten jedoch als 
Aufenthaltsgemeinde besteuern, sobald er sich im 
Laufe des Steuerjahres wieder länger als drei 
Monate in ihr aufgehalten hat. 
1 Giebt ein Stenerpflichtiger im Laufe des 
Steuerjahres einen Wohnsitz auf, ohne einen 
neuen zu begründen, so verliert die ehemalige 
Wohnsitzgemeinde für den Rest des Steuerjahres 
ihr Besteuerungsrecht. Giebt z. B. jemand, der 
in A., B und C wohnt, im September seinen 
Wohnsitz in C auf, so verliert diese Gemeinde 
von Oktober an das Recht, ½ des Gesamtein- 
kommens dieses Censiten zu besteuern, dieses ½ 
fällt vielmehr für die zweite Hälfte des Stener- 
jahres je zur Hälfte den Gemeinden A und B 
zu, und diese besteuern anstatt je ½ nunmehr 
je ½ des Gesamteinkommens. Umgekehrt kann 
sich das Besteuerungsrecht im Laufe des Steuer- 
jahres durch Hinzukommen eines ferneren Wohn- 
sitzes vermindern; begründet der Censit, welcher 
zu Beginn des Steuerjahres in A und B den 
Wohnsitz batte, im September einen solchen noch 
in C, so können A und B, die bis dahin je ½ 
seines Vermögens besteuerten, von da ab nur 
noch je ½/ besteuern, das dritte ½ fällt an C. 
: Nur ist für die mit einer gualifizierten 
Wohnsitzgemeinde konkurrierende Wohnsitzge- 
meinde Voraussetzung, daß sie auch eine quali- 
fizierte ist, d. h. daß der Censit sich in ihr im 
Vorjahre mindestens drei Monate aufgehalten 
hat. Konkurriert eine Wohnsitzgemeinde, bei 
welcher sich diese Voraussetzungen nicht erfüllen 
(nicht gqualifizierte), mit einer Aufenthalts- 
gemeinde, so verliert sie ihr Besteuerungsrecht 
nur für die Zeit, für welche letztere zur Be- 
steuerung des betr. Censiten berechtigt ist. 
3 Beispiel: Jemand hat seinen Wohnsitz in 
A., B und C, hat sich jedoch in letzterer Ge- 
meinde im Vorjahre gar nicht aufgehalten. In 
A und B hält er sich je vier Monate auf, die 
übrigen vier Monate des Jahres verbringt er in 
dem Kurorte D. Das Gesamteinkommen des 
Censiten beträgt 10,000 Mark; 8000 Mark ge- 
winnt er davon aus dem Grundvermögen in 
A, den Rest aus Kapitalbesitz. C erhält nichts 
zur Besteuerung. A darf vorweg zur Besteue- 
rung nur 7500 Mark behalten, damit ein volles 
Viertel des Gesamteinkommens zur Verteilung 
gelangen kann. An diesem Viertel (2500 Mark) 
Fartizipieren A, B und D, und zwar zunächst 
  
zu gleichen Teilen an dem auf vier Monate 
entfallenden Einkommen von 2500. — d. b. 
jede der drei Gemeinden erhält zur Besteuerung 
** n = 277 Mark 78 Pf., an dem auf die 
anderen acht Monate entfallenden Einkommen 
von 2500 3 kann D nicht partizipieren, 
dieses teilen A und B unter sich zu gleichen 
Teilen und erhalten so noch je 833 Mark 33 Pf. 
Demnach können besteuern A 8611 Mark 11 Pf., 
B 1111 Mark 11 Pf. und C 277 Mark 78 Pf. 
Vgl. weitere Beispiele bei Strutz, Komm., 
S. 140, Anm. 6; Kommunalverbände, S. 74; 
Leidig, S. 289 ff., Anm. 2. 
1 K. A. G., §. 49, Abs. 2, Satz 3 in der Fassung 
der Novelle. Vgl. auch Nöll, S. 176 ff., Anm. 22, 
Beispiel: Jemand bat seinen Wohnsitz in A, B 
und C, hat sich jedoch in C im Vorjahre gar nicht 
aufgehalten. In A hält er sich fünf, in B drei 
Monate auf; vier Monate verweilt er im Kur- 
ort D. Von seinem Gesamteinkommen, welches 
10,000 Mark beträgt, fließen ihm 8000 Mark 
aus dem Grundbesitz in der Forensalgemeinde E 
zu. Dann gilt Folgendes: E darf nur 7500 Mark 
besteuern, damit ein volles Vierteil = 2500 Mark, 
auf welches die Wohnsitz= und Aufenthalts- 
emeinden Anspruch machen, für diese bleibt. 
n der Besteuerung dieser 2500 Mark konkur- 
rieren A, B und D, C erhält nichts; D kon- 
kurriert nur für die Aufentbaltszeit von vier 
Monaten, für die übrigen acht Monate konkur- 
rieren nur A und B. Es erhalten also zur 
4 1 n 4 1 
Besteuerung: D 2500. # 3 A 2500 15 ’5 
1 4 1 
, ebenso 2500 3 
2500 3 
* a die verschiedene Aufenthaltszeit 
in A und B ist ohne Einfluß. Den Prinzipal= 
satz ermittelt die Forensalgemeinde dann selbst- 
ständig aus dem Steuertarif, er beträgt 192 Mark, 
die Wohnsitzgemeinden A und B und die Auf- 
enthaltsgemeinde D ermitteln ihn durch verhält- 
nismäßige Herabsetzung des Gesamtsteuersatzes. 
Vgl. oben S. 309, Anm. 7. 
05 8 
+ 2500 J 3
	        
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