Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Ergänzungsband. Das Recht der Kommunalverbände in Preußen. (4)

332 Zweiter Abschnitt. (8. 93.) 
§. 93. 
III. Das Etats= und Kassenwesen. 
I. Der Etat ist in der Gemeinde wie im Staate die Grundlage für die Ver- 
waltung während eines bestimmten Zeitabschnitts, der Etatsperiode. Wirtschaftlich soll er 
eine Übersicht geben über die in dieser Zeit zu erwartenden Einnahmen und Ausgaben, 
rechtlich beschränkt er die Gemeindeverwaltung nach zwei Richtungen hin, indem sie bei 
vorhandenem Etat nur über etatsmäßige Mittel zu etatsmäßigen Zwecken verfügen darf. 
Die Wirtschaft nach einem Etat ist heute für alle Gemeinden gesetzlich vor- 
geschrieben, nur ausnahmsweise kann nach einigen Gemeindegesetzen in kleineren Land- 
gemeinden von der Aufstellung eines Haushaltsplanes Abstand genommen werden." Der 
Etat muß alle Ausgaben, Einnahmen und Dienste angeben, welche sich im voraus be- 
stimmen lassen. Er wird überall von dem Gemeindevorstande entworfen und dann 
durch Gemeindebeschluß“" festgestellt. Der Entwurf ist vor Abgabe an die Gemeinde- 
versammlung bezw. Gemeindevertretung in den meisten Rechtsgebieten in einem bestimmten 
Lokale eine gewisse Zeit hindurch öffentlich auszulegen, und jedem Gemeindeangehörigen 
steht das Recht zu, Bemerkungen über den Entwurf bei dem Gemeindevorstande wie bei 
der Gemeindevertretung schriftlich einzureichen. Die Vorlage des Etatsentwurfs muß 
der Gemeindevertretung überall vor Beginn der neuen Rechnungsperiode, für welche er 
gelten soll, zugehen ".; einige Gemeindegesetze bestimmen noch ausdrücklich den spätesten 
Termin, bis zu welchem dies stattzufinden hat.7 
Die Rechnungsperiode, für welche der Etat festgestellt wird, ist in der Regel ein 
Jahr, jedoch kann sie auf Beschluß der Gemeinde bis zu drei Jahren erstreckt werden.“ 
Den Anfang ihrer Rechnungsperiode haben nach dem Vorgange des Staates? jetzt wohl 
alle Gemeinden auf den 1. April festgesetzt, sodaß ihr Etatsjahr vom 1. April bis zum 
31. März läuft. 
  
1 Leidig, S. 338 ff.; v. Möller, St., 
§§. 109, 111 u. 112; L., §§. 88, 90 u. 91; 
Steffenhagen, §8§. 66, 117 u. 118; Grote- 
fend, §§. 217, 252. Vgl. auch Zelle, Das 
Budgetrecht der Stadtverordneten (Berlin 1876), 
und Blodig, Selbstverwaltung, S. 251 ff. 
: Nach der L. G. O. ö. u. schlesw. holst., 
§. 119 kann durch Beschluß des Kr. A. einzel- 
nen Gemeinden die Festsetzung eines Voran- 
schlages nachgelassen werden, wenn deren Ver- 
hältnisse dies unbedenklich erscheinen lassen. Bal. 
dazu Ausf. Anw., III, C, 5. Nach F§F. 42 der 
M. Bek. zur L. G. O. hann. brauchen umge- 
kehrt Landgemeinden nur auf besondere Anord- 
nung einen Etat aufzustellen, und eine solche soll 
nur bei erheblicheren Aufkünften von dem Ge- 
meindevermögen oder bei erheblicheren Ausgaben 
getroffen werden. Eine zibnliche Bestimmung 
enthält die G. O. kurh., 
2 In den bandgarbnden Venfalene vom 
Gemeindevorsteher in Gemeinschaft mit dem 
Amtmann, in denen der Rheinprovinz vom 
Bürgermeister. L. G. O. w., §. 46, Abs. 1 
rh., 8. 89, Abs. 1. 
Nach dem G. G. nass. ist der Bürgeraus- 
schuß an der Etatsfeststellung nicht beteiligt. 
Vgl. oben S. 136, Anm. 4 
*Die Zeit der Auslegung des Entwurfs be- 
trägt 8 Tage (St. O. ö. u. w., §. 66, Abs. 2; 
wiesb., §. 67, Abs. 2; rh., §. 60, Abs. 2; frkf., 
8. 8 G. G. nass., 3 64. 65) oder 14 Tage 
(St. O. schlesw. äbolst., vo, Abs. 2; L. G. O. 
  
ö. u. schlesw.-holst., 8. 119, Abs. 2; w., §. 46, 
Abs. 2; rb 8. 89, Abs. 3). 
* L. G. O. ö. u. schlesw.-holst., §. 119, Abs. 4; 
G. O. kurh., §. 86, Abf. 1 Czeitig“.. 
7 Der Haushaltsetat ist vom Gemeindevorstend 
zu entwerfen: nach der St. O. ö., §. 66, Abs. 1 
der St. O. wiesb., §. 67, Abf. 1, und dem 
G. G. frkf., §. 73, spätestens im Oktober; nach 
der St. O. w., §. 66, Abs. 1, spätestens im Sep- 
tember; nach der St. O. rh., §. 60, Abs. 1, und 
dem G. G. nass., §. 64, spätestens im November. 
Dabei ist jedoch davon ausgegangen, daß das 
Etatsjahr sich mit dem Kalenderjahr deckt; haben 
die Gemeinden, wie meistens der Fall, gemäß 
Ges. v. 29. Juni 1876 (G. S., S. 177) den 
Beginn des Etatsjahres vom 1. Jan. auf den 
1. April verlegt, so verschieben sich die genannten 
Termine entsprechend auf den Januar, Dezem- 
ber bezw. Februar. Nach der St. O. bann., 
§. 118, Abs. 1, soll der Etatsentwurf den Stadt- 
verordneten im letzten Vierteljahre, nach der 
St. O. schlesw.-holst., 8. 80, Abs. 1, spätestens im 
ersten Monat des letzten Vierteljahres vor Beginn 
des neuen Etatsjahres vorgelegt werden. 
s So nach St. O. ö. u. w., §. 66, Abs. 1; 
wiesb., 8. 67, Abs. 1; schlesw. holst., §. 80, 
Abs. i; L. G. O. ö. u. schlesw. holst., §. 119, 
Abs. 1; w., §. 46, Abs. 2; G. O. kurh., J§. 80, 
Abs. 3, u. §. 86, Abs. 1. 
Ges. betr. Verlegung des Etatsjahres v. 
29. Juni 1876 (G. S., S. 177), F. 1.
	        
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