Ortsgemeinden; das geltende Recht. (8. 93.) 333
Der festgestellte Etat ist der Aufsichtsbehörde sofort in Abschrift zu überreichen;
einer Genehmigung der Aufsichtsbehörde bedarf der Voranschlag nicht.!
Der Vorstand der Gemeinde hat dafür zu sorgen und ist dafür verantwortlich,
daß die Verwaltung nach dem Etat geführt wird. Außeretatsmäßige Ausgaben bedürfen
derselben Genehmigung der Gemeindevertretung wie der Etat selbst.?
II. Die Verwaltung der Gemeindekasse wird in Stadt- wie Landgemeinden im
allgemeinen von dem Vorstande geleitet. Er weist die Kasse durch die allgemein fest-
gesetzten Hebelisten oder besondere Einnahmebelege an, von wem und wieviel sie verein-
nahmen soll, er erteilt besendere Ordres darüber, an wen und in welcher Höhe sie Zah-
lungen machen soll. Er allein ist für die Rechtmäßigkeit aller dieser Einnahmen und
Ausgaben verantwortlich, die Kassenbeamten haben lediglich nach seinen Anweisungen zu
handeln. Zahlungen aus der Gemeindekasse ohne Anweisung sind unzulässig und von
dem betreffenden Beamten zu verantworten.
Die spezielle Verwaltung des Kassen= und Rechnungswesens ist nach den einzelnen
Gemeindeordnungen verschieden geregelt; sie erfordert in den Städten naturgemäß einen
größeren Beamtenapparat als in den Landgemeinden. Nach den preußischen Städte-
ordnungen ist in denjenigen Städten, welche die kollegialische Magistratsverfassung haben,
ein Magistratsmitglied, welches den Titel Kämmerer führt, mit der Leitung dieses
Verwaltungszweiges betraut.“ In den hannöverschen Städten liegt sie dem Bürger-
meister selbst 3, in den kurhessischen einem Stadtkämmerer ob, der nicht zum Gemeinde-
rat zu gehören braucht. Diesem leitenden Beamten ist überall zur Besorgung der
Zahlungsgeschäfte und der Einkassierungen der Gemeindeeinnehmer' beigegeben, welchem
wieder die nach dem Umfange der Kassenverwaltung erforderliche Anzahl von Buchhaltern,
Kassierern, Kassenboten und weiteres Hilfspersonal zur Seite steht. In den rheinischen
Städten mit Bürgermeistereiverfassung, in den nassauischen Gemeinden und in allen
Landgemeinden dagegen steht der Gemeindeeinnehmer an der Spitze der ganzen Kassen-
verwaltung und besorgt mit dem ihm beigegebenen Hilfspersonal unter Aufsicht des
Vorstandes alle Kassengeschäfte;
in kleinen Gemeinden kann auch die Bestellung eines
1 Dies gilt für die Städte gemäß 8. 18,
Abs. 3 des Zust. G. durchweg. Finsichrich der
Landgemeinden hat das Zust. G. (8. 35) dagegen
nicht die in älteren Gemeindeverfassungsgesetzen
enthaltenen Bestimmungen über die Mitwirkung
der Auffichtsbehörden bei der Feststellung ihrer
Etats beseitigt. In Betracht kommt hier be-
sonders G. G. nass., 8. 65, nach welchem der
Etat stets durch die Aufsichtsbehörde zur Voll-
Rehung. festgesetzt kerain muß vgl. jedoch auch
rh., §. 89,
: Nach L. G. O. 7 5n und rh., §. 90,
bedürfen Ausgaben, die außer dem Etat zu
leisten sind, außer der Bewilligung der Gemeinde-
versammlung noch der Genehmigung des Kr. A.
St. O. ö., wiesb. u. w., S. 56, Z. 4; rh.,
§. 53, Z. 4; frkf., §. 63, Z. 4; hann., §J. 121;
schlesw.-holst., §. 60, Z. 3. G. O. kurh., §. 87,
Abs. 2. G. G. nass., §. 66. L. G. O. ö. u.
schlesw. holst., 8. 88, 3. 4. In den Landge-
meinden Wesk falens liegen diese Funktionen
dem Gemeindevorsteher unter Mitwirkung des
Amtmanns (L. G. O., §. 49). in denen der
RKheinpevinz dem Bürgermeister ob (L. G.
» tb§§8«s)
1 So nach St. O. ö., wiesb. u. w., §. 29;
schlesw.= holst., §. 28. Den Geschäftskreis des
Kämmerers bestimmt §. 22 der Instr. für die
Stadtmagistrate v. 25. Mai 1835 dahin: „Der
Kämmerer, insofern er als Magistratsmitglied
fungiert, führt außer seinen Geschäften als Ren-
dant, falls ihm die Rendantur städtischer Kassen
Übertragen ist, die Aufsicht über das Rechnungs-
wesen der Kommune und bearbeitet in der Regel
die Etats und die Generalien in Kassen= und
Rechnungssachen. Er muß sich in fortdauern-
der libersicht von der gesamten Verwaltung des
Kommunalvermögens erhalten und dem Kol-
legium die Übersichten über die Lage des Stadt-
haushalts und der städtischen Finanzen auf Er-
fordern geben, sowie auch bei Zeiten die nötigen
Anträge auf Beschaffung der Gelder machen.
Inwieweit derselbe noch sonstige Geschäfte zu
bearbeiten hat, hängt von dem Umfange der
Kassengeschäfte, von der bei seinem Eintritte
ihm erteilten Bestallung und nötigenfalls von
der Entscheidung der Regierung (jetzt des Regie-
rungspräsidenten) ab.“
5 St. O. hann., §. 121.
* G. O. kurb.,, §S55, 87.
7 Er heißt in Hannover Kämmerer, also
ebenso wie in Preußen der leitende Beamte der
Kassenverwaltung (St. O. hann., §s. 41, 120),
in Schleswig- eein Stadtkassierer! (St. O.
schlesw.-holst., §. 75). Nach der St. O. ö. u.
wiesb., §. 56, Z. 6, können die Geschäfte des
Gemeindeeinnehmers in Städten bis zu 10,000
Einwohnern nach Vernehmung der Stadtverord-
neten und mit Genehmigung des Bez. A. dem
Kämmerer übertragen werden.
* Er wird in den nassauischen Gemeinden
Gemeinderechner (G. G. nass., §. 62), in den
kurh. Landgemeinden Gemeindeerheber (G. O.
kurh., §. 87) und in den hann. Landgemeinden
Rechnungsführer genannt (§§. 39, 40 der M.
Bek. v. 28. April 1859).