Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Ergänzungsband. Das Recht der Kommunalverbände in Preußen. (4)

Ortsgemeinden; geschichtliche Entwickelung der Ortsgemeinden. (8. 5.) 21 
S. 5. " 
II. Das landrechtliche Städterecht 
ist in dem „Vom Bürgerstande“ überschriebenen 8. Titel des II. Teiles des Allgemeinen 
Landrechts enthalten, was sich daraus erklärt, daß die Städte der naturgemäße Wohnsitz 
des Bürgerstandes? waren, während die anderen beiden Stände, Adel und Bauern, die 
Rittergüter bezw. das platte Land innehatten. Dementsprechend wird auch der Zweck 
der Städte dahin festgestellt: „Städte sind hauptsächlich zum Aufenthalt solcher Ein- 
wohner des Staates bestimmt, welche sich mit der Verarbeitung oder Verfeinerung der 
Naturerzeugnisse und mit dem Handel beschäftigen“. 3 Im übrigen ist die Verfassung 
der Städte im wesentlichen durch folgende Vorschriften geregelt: 
I. Das Stadtrecht, welches immer das Marktrecht umfaßt, muß einer Ortschaft 
vom RKönige besonders verliehen werden. Dasselbe erstreckt sich in der Regel nicht auf 
die Vorstädte und schließt auch das Recht der Bannmeile, nach welchem im Umkreise 
einer Meile vom Stadtthore an selbst solche städtischen Gewerbe, die sonst auf dem 
Lande zugelassen waren, nicht getrieben werden durften, nicht ipso jure in sich." 
II. Die Einwohner der Stadt zerfallen in 1) „Bürger im eigentlichen Verstande“, 
solche sind diejenigen, welche in einer Stadt den Wohnsitz aufgeschlagen und das Bürger- 
recht erworben haben; 2) Eximierte, das sind Personen des Bürgerstandes, welche durch 
ihre Amter, Würden oder besondere Privilegien von der Gerichtsbarkeit ihres Wohnortes 
befreit sind, und 3) Schutzverwandte, alle übrigen, welche weder eigentliche Bürger noch 
Eximierte sind. 
Das Bürgerrecht wird in der Regel durch Verleihung seitens der Obrigkeit des 
Ortes, in welchem der Betreffende seinen Wohnsitz hat, erworben; es darf niemand 
verweigert werden, der zum Betriebe der sogen. bürgerlichen Gewerbe (Handel, Handwerk) 
befähigt und unbescholten ist. Die Vorteile der Erlangung des Bürgerrechts bestehen nicht 
allein in der Befähigung zur Teilnahme an der städtischen Verwaltung, sondern auch 
besonders in der Zulassung zum Betriebe der städtischen Gewerbe und zum Besitze städtischer 
Grundstücke; andererseits sind mit ihm die Verpflichtungen verbunden, städtische Amter auf 
ein Jahr zu übernehmen, Abgaben und Dienste zu leisten. Die Bürger werden nach 
Ableistung des Bürgereides in eine Bürgerrolle eingetragen, und von dieser Eintragung 
ist ihre Zulassung zur Teilnahme an den Beratungen und Beschlüssen in Gemeinde- 
angelegenheiten abhängig. Das Bürgerrecht verliert, wer des Landes verwiesen, für ehrlos 
erklärt, zum Verluste des Bürgerrechts oder in absentia zum Tode verurteilt wird, wer 
seinen Wohnsitz verlegt, ohne binnen Jahr und Tag die Belassung des Bürgerrechts 
nachzusuchen, und endlich wer ohne Begründung eines neuen Wohnsitzes sich die Ver- 
jährungszeit hindurch entfernt von der Stadt aufhält. 
Wie das Bürgerrecht überhaupt Voraussetzung für die Befugnis zum Gewerbe- 
betriebe ist, müssen auch Adelige und Eximierte dasselbe erwerben, wenn sie bürgerliche 
Gewerbe betreiben wollen, und sie sind dann in den auf diese Gewerbe bezüglichen An- 
gelegenheiten dem Rechte und der Obrigkeit der Stadt unterworfen. Die betreffenden 
Lasten und Dienste haben sie zu leisten, nur zur persönlichen Verrichtung der letzteren 
können sie nicht gezwungen werden. Bürgerliche Grundstücke können sie gegen Über- 
nahme der darauf haftenden bürgerlichen Lasten erwerben. 
. 
1 Das landrechtliche Städterecht hat eine : „Der Bürgerstand begreift alle Einwohner 
selbständige eingehendere Bearbeitung in der 
Lireratur nicht gefunden. Zu vergleichen gur 
besonders Ernst Meier, Die Reform der Ver- 
waltungsorganisation unter Stein und Harden- 
berg (Leipzig 1881), S. 70 ff.; v. Bassewitz, 
III, S. 210 ff.; Strutz, Die Kommunalver= 
bände in Preußen (Berlin 1888), §. 3; Leidig, 
Preußisches Stadtrecht (Berlin 1891), S. 16— 
20; Schoen, a. a. O., S. 736—743. 
  
des Staates unter sich, welche ihrer Geburt 
nach weder zum Adel, noch zum Bauernstande 
gerechnet werden können, und auch nachher 
keinem dieser Stände einverleibt sind“, §. 1, 
A. L. K., II, 8 ff. 
3 §. 86, A. L. R., II, 8. 
4 §§. 90—102, 105, a. a. O.
	        
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