Ortsgemeinden; geschichtliche Entwickelung der Ortögemeinden. (8. 11.) 41
in Kraft treten, wenn der erste Beigeordnete die Übernahme der diesfälligen Verwaltung
verweigert.1
Das Herrenhaus wie die Regierung verhielten sich gegen alle diese Vorschläge
ablehnend, und so war eine Einigung der gesetzgebenden Faktoren nicht herbeizuführen.
Der Plan der Regierung war gescheitert, und eine umfassende Reform des Städterechts
ist seitdem nicht mehr versucht worden, eine solche kann besonders auch in der Städte-
ordnung für Wiesbaden nicht erblickt werden, da diese materiell nichts Neues enthält.
Das neue Zuständigkeitsgesetz v. 1. Aug. 1883 hat einige Knderungen im städtischen
Gemeindeverfassungsrecht bewirkt, diese sind aber, wie in der Begründung des Entwurfs
dieses Gesetzes ausdrücklich hervorgehoben ist, nicht materieller Natur; sie beziehen sich
nur auf die Zuständigkeit der Verwaltungs= und Verwaltungsgerichtsbehörden in städtischen
Angelegenheiten, welche übrigens wesentlich in Üübereinstimmung mit dem eben besprochenen
Regierungsentwurf von 1876 reguliert worden ist. Auch das Zuständigkeitsgesetz war
zunächst auf die Kreisordnungsprovinzen beschränkt, hat jedoch allmählich eine Ausdehnung
auf die ganze preußische Monarchic erfahren, sodaß gegenwärtig bei allen Städteordnungen
die Modifikationen zu berücksichtigen sind, welche sie durch dieses Gesetz erfahren haben.
Zweiter Titel.
Die kommunalen Verhältnisse auf dem platten Lande (Landgemeinden,
schaften und Gutsbezirke).“
S. 11.
I. Die Zeit bis zum Allgemeinen Landrecht.
Gutsherr-
1. Die Entwickelung der Verfassung und Verwaltung des platten Landes nimmt
ihren Ausgang von rein privatrechtlichen Besitzverhältnissen. Die altgermanischen Dörfer
(vicus, villa) bildeten ursprünglich die Unterabteilungen der Hundertschaften (centena),
1 Anl., S. 1734, Beschl. d. A. H., §. 51.
: Der Minister des Innern sagte von der
St. O. wiesb.: Sie ist „ein Interimistikum,
ein Notgesetz, welches einem zur Zeit in der
am 1. Juli 1887 (. 102, Kr. O. w.), in der
Rheinprovinz am 1. Juli 1888 (S. 104, Kr.
O. rh.), in Schleswig-Holstein am 1. Juli
1889 (§. 155, Kr. O. schlesw. holst.). In
Provinz Nassau bestehenden Notstande dadurch
abhelfen soll, daß die Grundsätze der bisher in
den östlichen Provinzen bestehenden Städteord-
nung in jenen Regierungsbezirk eingeführt
werden. Hier sind irgendwelche grundsätzliche
nderungen gar nicht in Erwägung gezogen,
vielmehr ist ausdrücklich ausgesprochen worden,
es sei von einer solchen grundsätzlichen Erörte-
rung Abstand genommen. A. H. 1890/91,
Sten. Ber. S. 1104.
* v. Stengel, Dganisalion, S. 182 ff., S.
344, Anm. 1. Die Gültigkeit des Zust. G. war
emäß §. 163 desselben auf die Gebietsteile Preu-
bens beschränkt, für welche das Gesetz über die
allgem. Landesverwaltung v. 30. Juli 1883 in
Kraft trat. Letzteres sollte aber, gemäß seinem
§5. 155, in den Provinzen Posen, Schleswig-
Holstein, Hannover, Hessen = Nassau, Westfalen
und Rheinprovinz erst in Kraft treten, je nach-
dem für diese auf Grund besonderer Gesetze
neue Kreis= und Provinzialordnungen erlassen
sein würden. Das Gesetz über die allg. L. V.
und mit ihm das Zust. G. sind seitdem in Kraft
Herreten: in Hannover am 1. Juli 1885 (8. 120,
hann. ), in Eq— am 1. Juli
* (8. 119, O. heff.-nass.), in Westfalen
Posen ist das L. V. G. und das Zust. G., letzteres
mit Ausnahme der die Kreise und Amtsver=
bände betreffenden Titel II u. III, durch Gesetz
v. 19. Mai 1889 eingeführt.
* Litteratur: Thudichum, Die Gau= und
Markverfassung in Deutschland (Gießen 1860).—
v. Maurer, Geschichte der Derstersessung in
Deutschland (Erlangen 1865—66), 1—1I.— Der-
selbe, Geschichte der Frohnhöfe, —* Bauernhöfe
und Hosorrfassung, m Deutschland (Erlangen
1862 — 63), 1I—IV. — Bornhack, Geschichte
des preußischen Verwaltungsrechts (3 Bde., Berlin
1884—860). — Meitzen, Der Boden und die
landwirtschaftlichen Verhältnisse der preußischen
Staaten, 1 (Berlin 1868).
Auf die älteren Gebietsteile des preu-
ßischen Staates beziehen sich: Knapp, Die
Bauernbefreiung und der Ursprung der Land-
arbeiter in den älteren Teilen Preußens, 1 (Leipzig
1887). — Derselbe, Die Landarbeiter in Knecht-
schaft und Freiheit (Leipzig 1891). — Lette,
Die ländlichen Gemeinde- und Polizeiverfassungen
in Preußens östlichen und mittleren Provinzen
(Berlin 1848). — Derselbe, Die Landgemeinde-
ordnung für die sechs östlichen Provinzen
(Berlin 1867). — v. Möller, Landgemeinden