— 13 —
des Bundeskanzlers, welcher dadurch die Verantwortlichkeit über-
nimmt“).
Die volle Bedeutung dieser Aenderung fand ihre Würdigung
in der vielzitierten Stelle der klassischen Reichstagsrede des
Fürsten Bismarck vom 5. März 18789: „Als der Verfassungs-
entwurf für den Norddeutschen Bund zuerst zur Revision gelangte,
da war der Reichskanzler durchaus nicht mit den bedeutenden
Attributionen ausgestattet, die inm durch den einfachen Satz, der
sich heute im Art. ı7 der Verfassung befindet, zugeschoben sind.
Er ist damals durch eine Abstimmung in das jetzige Maß hin-
eingewachsen, während er vorher einfach das war, was man in
Frankfurt in bundestäglichen Zeiten einen Präsidialgesandten
nannte, der seine Instruktionen von dem preußischen Minister
der auswärtigen Angelegenheiten zu empfangen hatte und der
nebenher das Präsidium im Bundesrat hatte... Nun wurde durch
den Art. ı7 die Bedeutung des Reichskanzlers plötzlich zu der
eines kontrasignierenden Ministers und nach der ganzen Stellung
nicht mehr eines Unterstaatssekretärs für deutsche Angelegen-
heiten im auswärtigen preußischen Ministerium, wie es ursprüng-
lich die Meinung war, sondern zu der eines leitenden Reichs-
ministers heraufgeschoben.“
Diese wichtige Aenderung schuf erst den Keim, aus dem
sich im Laufe der folgenden Dezennien jener reiche Apparat
von Reichsbehörden entwickeln konnte, in der sich die fortschrei-
tende Machtentfaltung der Reichsgewalt verkörpert.
Betrachten wir dagegen die Dürftigkeit der Zentralbehörden
im alten Reich, in der sich die Ohnmacht der kaiserlichen Gewalt
I) v. Bennigsen erklärte in bezug auf seinen Antrag (Bezold, Bd. I, S. 733):
„Das Präsidium hat bestimmte Exekutivbefugnisse nach der Vorlage. Diese wollen
wir nicht erweitern; die Exekutivbefugnisse des Bundesrats, der verbündeten Regie-
rungen sollen nicht vermindert werden. Nur in Beziehung auf die Art und Weise,
wie diese Verwaltung, diese Regierungsbefugnisse, welche der Entwurf dem Präsidium
beilegt, ausgeübt werden, wollen wir etwas mehr Klarheit in den Entwurf hinein-
bringen, als jetzt in demselben zu finden ist.“
2) Stenogr. Berichte 1878, Bd. I, S. 342.