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Benennung Reichsschatzamt übertragen wurde). Während die
Geschäfte der Reichsfinanzverwaltung anfangs in der Zentral-
abteilung des Reichskanzleramts bearbeitet worden waren, hatte
man seit 1877 für diese Gruppe von Geschäften eine neue Ab-
teilung im Reichkanzleramte gebildet.
Allein die wachsende Menge dieser Gruppe von Geschäften,
die besondere technische Spezialkenntnisse erheischten, die Be-
deutung derselben und die hieraus erwachsende Verantwortlichkeit
ließ die Organisation einer selbständigen Reichsfinanzbehörde
ratsam erscheinen ?).
Die Verselbständigung dieser Abteilung vollzog sich nicht
so einfach wie die früheren. Fürst Bismarck hat offenbar seine
Ansichten in bezug auf die Organisation dieses Reichsfinanzamts
geändert.
In den Verhandlungen über das Stellvertretungsgesetz 1878
schwebte ihm die Idee einer engen Verbindung der Reichsfinanz-
leitung mit dem preußischen Finanzminister nach dem Vorbilde
der Reichsmilitärverwaltung durch den preußischen Kriegs-
minister und den Kanzler vor. Der Schatzsekretär sollte in allen
erheblichen Sachen, besonders Gesetzentwürfen dem Kanzler nur
Vorlagen, die mit der Unterschrift des preußischen Finanzministers
versehen, unterbreiten. „Der unter Verantwortlichkeit des Kanz-
lers selbständig leitende Beamte wäre dann für mich“, so führte
ı) Nach der Erklärung des Präsidenten des Reichskanzleramts Hofmann im
Reichstag (Stenogr. Berichte 1878, Bd. II, S. 857) sollte der Geschäftsbereich der
künftigen obersten Finanzbehörde des Reichs umfassen: ı) das Etats-, Kassen- und
Rechnungswesen, also namentlich die zentrale Leitung der Vorarbeiten für die Auf-
stellung des Reichshaushaltsetats, Kontrolle der Ausführung desselben, Rechnungs-
legung; 2) die Verwaltung der Reichsschuld (Begebung der Reichsanleihen, Schatz-
scheine); 3) Münzwesen; 4) Zoll- und Steuerwesen (mit Ausnahme der handelspolitischen
Seite, die in dem künftigen Reichsamt des Innern zu bearbeiten war). Auch die
Reichshauptkasse und die Verwaltung des Kriegsschatzes gehören zum Ressort des
Reichsschatzamts.
2) Vgl. Denkschrift des Entwurfs zum Reichshaushaltetat für 1878/79 (Druck-
sachen d. D. Reichstags, 3. Leg.-Per., 2. Sess., 1878, Bd. III, S. 140).