Full text: Die Reichsregierung.

Zu den Stellvertretungsämtern zählen alle diejenigen, deren 
Aufgabe nicht bloß ausschließlich, sondern auch nur überwiegend 
eigene Verwaltungstätigkeit des Reiches ist!). 
In persönlicher Beziehung ist, wie schon hervorgehoben 
wurde, der Kaiser bezüglich der Ernennung des Generalstell- 
vertreters unbeschränkt, dagegen in der von Spezialstellvertretern 
beschränkt, indem er nur die Vorstände der dem Reichskanzler 
untergeordneten obersten Reichsbehörden mit der Stellvertretung 
betrauen kann. 
Diese vom Bundesrat neu aufgenommene Einschränkung 
bezweckt die Ausschließung der Verbindung der Stellung 
eines preußischen Ressortministers?®) mit der eines Kanzlerstell- 
vertreters ?), 
ı) Nach den Motiven des Gesetzentwurfs schließt er jene Geschäftszweige aus, 
bei welchen es sich in der Hauptsache nicht um eine Verwaltung des Reichs handelt. 
Vgl. Dainert, S. at. 
2) Fürst Bismarck, der Mittnacht (S. 62) gegenüber schon erklärt hatte, daß 
er gegen diese Aenderung keine Bedenken habe, sprach sich im Reichstage (Sten. 
Ber., S. 384) auch in diesem Sinne aus. „Ich betrachte es als einen wesentlichen 
Fortschritt, daß wir uns davon (nämlich von dem Gedanken, daß die ganze Reichs- 
verwaltung durch preußische Ministerien direkt schließlich zu führen sei) entfernt 
haben, daß wir eigene Reichsbeamten, eigene Reichsinstitutionen haben... Da ist 
nun der schwarz-weiße Anstrich der Sache gerade nicht das richtigste Mittel, rein 
äußerlich, wir hängen aber sehr von Aeußerlichkeiten ab.“ Der Kanzler verwies in 
diesem Zusammenhang auf den Brief des Königs von Bayern (1870), in dem er König 
Wilhelm die Kaiserkrone anbot. Ein Hauptgedanke in diesem Briefe war: „die be- 
deutsamen Rechte, die ich hierdurch einem anderen Fürsten in meinem Lande Bayern 
einräume, kann ich einem König von Preußen nicht einräumen, die kann ich nur 
einem deutschen Kaiser geben. Es war damit der meines Erachtens richtige Stand- 
punkt ausgedrückt, und wenn ich mich richtig erinnere, in diesem Sinne motiviert: 
der deutsche Kaiser ist mein Landsmann, der kann Recht hier ausüben; der König 
von Preußen ist mein Nachbar. 
Dieses Gefühl ist meines Erachtens ein hochberechtigtes durch den ganzen Lauf 
der deutschen Partikulargeschichte, und selbst von Seiten derer, die geneigt wären, 
diese Berechtigung in minderen Maße anzuerkennen, wie ich, möchte ich wünschen, 
daß sie sich daran gewöhnen damit zu rechnen.“ 
3) Der Antrag Windthorst-v. Frankenstein: „Die Stellvertreter des Reichs- 
kanzlers dürfen kein Staatsamt in einem der Bundesstaaten bekleiden‘“ wurde abge- 
lehnt .(Sten. Ber., S. 401, 406).
	        
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