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Als Spezialstellvertreter des Reichskanzlers kamen in Betracht
und wurden in konstanter Praxis ernannt‘): der Staatssekretär des
auswärtigen Amtes, des Reichsmarineamts, der Verwaltung der
Reichseisenbahnen, des Reichspostamts, des Reichsjustizamts, des
Reichsschatzamts und des Reichskolonialamts. Auch das Reichs-
amt des Innern gehört zu diesen Stellvertretungsämtern.
Nicht als Stellvertreter des Reichskanzlers, sondern als dessen
Nachfolger ist der Statthalter von Elsaß-Lothringen zu betrachten.
Durch das Reichsgesetz vom 4. Juli 1879 (& 2) ist in der Ver-
waltung der Reichslande der Statthalter an der Stelle des Reichs-
kanzlers, dem nunmehr die Zuständigkeit in reichsländischen An-
gelegenheiten entzogen wurde, getreten. Dieser Statthalter ist
der Reichskanzler?) für Elsaß-Lothringen geworden) und nach
dem Reichsgesetz über die Verfassung von Elsaß-Lothringen vom
3ı Mai ıgıı $ 2 geblieben. So wurde schon seit 1879 die Gleich-
stellung Elsaß-Lothringens in einem besonders wichtigen Punkte
herbeigeführt.
Den Staatssekretären der Stellvertretungsämter kann für den
ganzen Umfang des Geschäftskreises oder nur für einzelne Teile
desselben *) die Stellvertretung mit dem Rechte der Gegenzeich-
ı) Für die Stellvertretung des Reichskanzlers in Angelegenheiten der Reichsbank
hat $ 26 des Reichsbankgesetzes vom 14. März 1875 als lex specialis fortdauernde
Geltung. Vgl. Laband, Bd. I, S. 385.
2) Laband, Die Wandlungen der deutschen Reichsverfassung, S. 18.
3) Sowohl nach dem Reichsgesetz vom 4. Juli 1879 $ 4 wie nach dem Reichs-
gesetz vom 31. Mai 1811 $ 4 wird der Statthalter, soweit es sich nicht um die Aus-
übung landesherrlicher Befugnisse handelt, durch den Staatssekretär vertreten. Als
Vertreter des Statthalters hat der Staatssekretär die Rechte und die Verantwortlich-
keit der Stellvertreter des Reichskanzlers gemäß dem Stellvertretungsgesetz von 1878.
4) So hat der Reichskanzler durch interne Instruktion die Stellvertretung des
Staatssekretärs des auswärtigen Amtes derart eingeschränkt, daß er die Verantwortlich-
keit für die Leitung der auswärtigen Politik trug, also für alle Funktionen des aus-
wärtigen Amtes. Gemäß der Instruktion mußte also der Staatssekretär auch als Stell-
vertreter des Reichskanzlers diesen von den wichtigen laufenden Geschäften des aus-
wärtigen Amtes in Kenntnis setzen und seine Zustimmung oder Entscheidung erholen
(vgl. die Rede des Fürsten Bismarck im Reichstag 1889, Sten. Ber., Bd. I, S. 359...)