— 19 -
v. Friesen über die durch den Zutritt der süddeutschen Staaten
notwendige Revision der Bundesverfassung wurde als 4. Haupt-
punkt angeführt‘): „Die Errichtung von Bundesministerien in der
Art, daß die Minister des Aeußeren, des Kriegs und der Marine
von dem König von Preußen allein, die übrigen Minister aber
von dem Bundesrat ernannt wurden. Diese Einrichtung hielt ich
für höchst wünschenswert, weil außerdem der Drang der Not-
wendigkeit dahin führen mußte, daß die preußischen Minister tat-
sächlich die eigentlich einem Bundesministerium zukommenden
Geschäfte besorgten, ohne doch dem Bundesrate, d.h. dem Bunde
verantwortlich zu sein. Die oft gehörte Befürchtung, daß durch
die Einrichtung von Bundesministerien Eingriffe in die Rechte des
Bundesrats und der Einzelstaaten begünstigt werden könnten, ver-
mochte ich nicht zu teilen, sobald nur die Grenzen des Bundes-
kompetenz gehörig festgestellt wurden.“
Diese Auffassung des Vertreters des zweitgrößten Staates im
Bundesrate des Norddeutschen Bundes, der auf Grund mehr-
jähriger Erfahrungen die Geschäftsführung im Bunde kannte und
zu einem Urteil wohl kompetent erscheint, ist in mehr als einer
Hinsicht charakteristisch. Sie zeigt, namentlich wenn man sie mit
der Bemerkung des weimarischen Ministers v. Watzdorf (S. 44)
zusammenhält, daß man in den Kreisen der Bevollmächtigten zum
Bundesrat die Aufsaugung der Funktionen des Bundesrats durch
Reichsministerien doch nicht ernsthaft gefürchtet hat.
7.
In der Regierungserklärung von 1884 war, wie schon bei
früheren Anlässen als ein Hauptgrund gegen Reichsministerien
die durch diese drohende Beeinträchtigung der Rechte der „ver-
bündeten Regierungen“ im Bundesrat?) angeführt worden.
ı) v. Friesen (Kgl. sächs. Staatsminister a. D.), Erinnerungen aus meinem
Leben. Aus dem Nachlaß herausgegeben von H. Freiherrn v. Friesen, Dresden ıgıo,
OI, S. 128.
2) Vgl. Triepel, Unitarismus, S. 65.
Rosenthal, Die Reichsregierung. 4