Ministerlebens herausgewachsen, einen durchaus überzeugenden
Eindruck.
Es ist jener Zwiespalt der Auffassung, wie er in der Stein-
Hardenbergschen Periode schon durchgekämpft wurde. Damals ge-
langte gegenüber der Steinschen Idee des Ministerkoliegs der von
Altenstein und Hardenberg!) vertretene Gedanke der schärfsten
Zentralisation zum Sieg, der zur Schaffung des Postens eines
preußischen Staatskanzlers?} führte, der die einheitliche Spitze der
gesamten Staatsverwaltung Preußens bildete. Dieser Posten wurde
Hardenberg (1810— 1822) übertragen und nach seinem Tode nicht
wieder besetzt. Nach dem Erlöschen des Staatskanzleramts war dann
das preußische Staatsministerium berufen, für die Einheit der Ver-
waltung Sorge zu tragen. Diese Einrichtung des Staatskanzleramts
in Preußen schwebte dem Fürsten Bismarck als Ideal vor. Die
Wiedererrichtung dieses Postens oder besser eine Erweiterung der
Machtstellung des Ministerpräsidenten im Sinne eines Oberleiters
der gesamten Verwaltung Preußens und eine Aufhebung des
Ministerkollegiums 3) hielt er für etwas Anzustrebendes, keineswegs
aber war er gesonnen, die Stellung eines Kanzlers des Deutschen
Reichs im geringsten durch Ministerkollegen einengen zu lassen.
Die straffe einheitliche Leitung der gesamten äußeren und
inneren Politik eines großen Reichs in einer Hand hielt er für
eine unbedingte Notwendigkeit. Selbstverständlich konnte das
nur in dem Sinne verstanden werden, daß auf dem weiten Gebiet
ı) Zorn, Das preußische Gesamtministerium (German. Abh. zum 70. Geburtstag
K. v. Maurers, Göttingen 1893, S. 73 ff.), gibt eine gute Uebersicht der einzelnen Stadien
dieser Reformbewegung.
2) Vgl. Rönne-Zorn, Das Staatsrecht der preußischen Monarchie, 5. Aufl.,
Leipzig 1899, Bd. I, S. 249ff.
3) Ich halte an und für sich eine kollegialische Ministerverfassung für einen
staatsrechtlichen Mißgriff und Fehler, von dem jeder Staat so bald als möglich loszu-
kommen suchen sollte, und ich bin so weit entfernt, die Hand dazu zu bieten, daß
diese fehlerhafte Einrichtung auf den Bund übertragen werde, daß ich vielmehr glaube,
Preußen würde einen immensen Fortschritt machen, wenn es den Bundessatz akzeptierte
und nur einen einzigen verantwortlichen Minister hätte!“ (Graf Bismarck 1869,
Bezold, Bd. III, S. 1170.)