Full text: Die Reichsregierung.

einzelner deutscher Regierungen gebraucht wird. Im Reichstag 
wenden Bundesratsbevollmächtigte und Abgeordnete „Reichs- 
regierung“ an, eine Bezeichnung, die sich in der staatsrechtlichen 
Literatur ebenso wie in der Presse eingebürgert hat. 
Höchst interessant ist eine eben erst von v. Poschinger!) 
veröffentlichte Verfügung des Fürsten Bismarck: „Den Ausdruck 
Reichsregierung in seiner Anwendung auf kaiserliche Exekutiv- 
behörden möchte ich als nicht korrekt in amtlichen Aktenstücken 
verschwinden sehen. Die Reichsregierung begreift notwendig den 
Bundesrat resp. seine Vollmachtgeber in sich.“ 
Man geht wohl nicht fehl, in diesem Erlasse eine wohlwollende 
Rücksichtnahme auf die Empfindungen der Regierungen zu 
erblicken. Da die Bezeichnung Kaiserliche Regierung aber im 
internationalen Verkehr weiter gebraucht wird, so ist der Nicht- 
gebrauch aus bestimmten Gründen bei einem Teile der Behörden 
nicht beweiskräftig für die Inkorrektheit. Entweder gibt es eine 
Kaiserliche Regierung (Reichsregierung) oder sie existiert nicht. 
Sie kann aber rechtlich nicht für das Auswärtige Amt bestehen, 
nicht aber für die übrigen Reichsbehörden. Diese Rücksicht- 
nahme wird namentlich dann als zu weit gehend erscheinen, wenn 
man der Ansicht ist, daß die Ausbildung einer Reichsregierung 
sich gegen die preußische Staatsgewalt fast noch mehr als gegen 
die anderer gerichtet habe ?). 
Man wendet das Wort Regierung an als Organ der Exekutiv- 
gewalt im weiteren Sinne, den Herrscher als Träger der Staats- 
gewalt mitumfassend oder im engeren Sinne nur die vom Herrscher 
zur Ausübung der Exekutivgewalt eingesetzte höchste verfassungs- 
mäßige Staatsbehörde, das Ministerium begreifend. Man würde also 
unter der Königlich preußischen Staatsregierung in der engeren Be- 
deutung das preußische Staatsministerium oder den Ressortminister 
ı) v. Poschinger, Bismarck-Jahrbuch, Bd. I, S. 205 gibt das Datum des 
Erlasses nicht an, vermutlich entstammt er dem Ende der siebziger Jahre, 
2) Triepel, Unitarismus, S. 109.
	        
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