Full text: Die Reichsregierung.

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Mitgliedern des Unterhauses einnahm. In einer Verordnung vom 
4. Dezember ıg05 (abgedruckt bei Hatschek, Bd. II, S. ı8) wies 
Eduard VI. in Erwägung, „that the precedence of Our Prime 
Minister has not been declared or defined by due authority“ dem 
Premier den Rang unmittelbar nach dem Erzbischof von York an. 
Es ist interessant, daß der dem englischen Staatsrecht fremde 
Titel eines Premierministers auch zuerst in Rücksicht auf den 
internationalen Verkehr offiziell zur Anwendung kam. Im Berliner 
Vertrag vom ı3. Juli 1878 (RGBl. 1878, S. 309) wird Benjamin 
Disraeliik Comte de Beaconsfield, Vicomte Hughenden, Pair du 
Parlement, Membre du tres-honorable Conseil Prive de La Majeste, 
Premier Lord de la Tresorerie de La Majeste et Premier 
Ministre d’Angleterre als erster Bevollmächtigter der 
Königin von England aufgeführt. Das ist die erste formelle Er- 
wähnung dieses Titels‘). 
Auch dieses wichtigste Amt im englischen Staate hat sich 
gewohnheitsrechtlich entwickelt und ist zu der in einem Staate mit 
parlamentarischer Verfassung ganz besonderen Bedeutung empor- 
gediehen, ohne daß eine gesetzliche Anerkennung des Amtes 
erfolgt wäre ?). 
Seine Machtfülle ist allmählich so gewachsen, daß man sagen 
konnte, daß sich in England das parlamentarische Ministerium 
mehr und mehr in eine Diktatur des.Premierministers umzuwandeln 
beginne). 
ı) Hatschek, Bd. II, S. 48. 
2) So konnte Balfour in einer Rede zu Haddington (21. Sept. 1902) sagen: 
„Der Premierminister hat kein Gehalt als Premierminister, sein Name kommt in 
keinen Parlamentsakten vor und obgleich er die wichtigste Stellung in der konsti- 
tutionellen Hierarchie innehat, hat er keine Stelle, die von den Gesetzen seines Landes 
anerkannt wird. Das ist ein seltsames Paradoxon.“ 1904 fragt Mr. Bowles Balfour 
im Unterhause, ob ihm irgendein solcher gesetzlich anerkannter Beamter, wie der 
Premierminister, bekannt sei (Low, Die Regierung Englands, übersetzt von Hoops, 
Tübingen 1908, S. 147). 
3) Hintze, Die Entstehung des modernen Staatsministeriums (Historische 
Zeitschr., herausg. von Meinecke, München u. Leipzig 1907, Bd. C, S. 110.)
	        
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