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Ausbildung der „Reichsregierung“ und ihrer Bedeutung einzu-
treten.
Daß man das Wesen der Reichsregierung kaum durch eine
rein formal juristische Betrachtung erkennen kann, dem Problem
aber wohl eher durch eine historisch politische Betrachtung näher
kommen wird, ist klar.
I.
Als man in der Paulskirche den Versuch der Reichsgründung
unternahm, ergab sich bei der straff einheitlichen Gestaltung des
konstitutionellen monarchischen Bundesstaates die Einrichtung eines
Reichsministeriums) von selbst. Art, II 8 73 Abs. 2 der Ver-
fassung vom 28. März 1849 verkündet: „Der Kaiser übt die ihm
übertragene Gewalt durch verantwortliche von ihm ernannte
Minister aus“ 2).
Die staatsrechtliche Stellung der Minister wird nach den all-
gemeinen Grundsätzen des kKonstitutionellen Staatsrechts be-
stimmt).
Der Entwurf der Erfurter Unionsverfassung (1850), der an die
Stelle des Kaisers die Würde des mit der Krone von Preußen
verbundenen Reichsvorstandes setzt, wiederholt in bezug auf die
Minister nahezu wörtlich die Bestimmungen der Frankfurter
Reichsverfassung ?).
1) Schon das von der Frankfurter Nationalversammlung erlassene Gesetz über
die provisorische Zentralgewalt vom 28. Juni 1848 sah die Wahl eines unverantwort-
lichen Reichsverwesers vor, der durch der Nationalversammlung verantwortliche
Minister handelt (Roth und Merk, Quellensammlung des deutschen öffentlichen
Rechts seit 1848, Erlangen 1850, Bd. I, S. 543).
2) Binding, Deutsche Staatsgrundgesetze, Leipzig 1893, Heft 2, S. ı5.
3) $ 74. Alle Regierungshandlungen des Kaisers bedürfen zu ihrer Gültigkeit
der Gegenzeichnung von wenigstens einem der Reichsminister, welcher dadurch die
Verantwortung übernimmt. Vgl. noch Art. IL 871 Abs. 2 und Art. IX 88 121—124
(Binding, S. 15, 14, 25f.),
4) Art. II 88 69, 70, 68; Art. IX $$ 119— 121 der Unionsverfassung entsprechen
dem $ 73 Abs. 2; 874; 8 71 Abs. 2 der Frankfurter Verfassung von 1849 (Binding,
S. 63 u. 7).
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