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die Heimat. Die Bauern, die eine Art geordnete Landwehr bildeten, hatten sich
unterdessen mit Sensen und Heugabeln bewaffnet und waren gegen die Schweden
ausgezogen. Sie vermochten jedoch nichts auszurichten. Als aber der Kurfürst
mit seinem Heere anrückte, zogen sich die Schweden eiligst nach dem Rhin, einem
Nebenflusse der Havel, zurück. Die Brücke, die hier über diesen Fluß führte, wurde
aber sofort — damit kein Feind entrinnen könne — auf Befehl des Kurfürsten ab-
gebrochen. Am Morgen des 18. Juni erreichte der Prinz von Hessen-Homburg
mit seinem Vortrabe die Schweden vor Fehrbellin und griff sie sofort mit Un-
gestüm an. Bald rückte auch der Kurfürst mit der übrigen Reiterei in vollem Trabe
heran. Ein heißer Kampf begann. Der Kurfürst selbst stürzte sich in den Kampf.
Dicht neben ihm fiel sein Stallmeister Froben. Einmal war der Kurfürst während
des Kampfes von seinen Feinden umringt; er schien verloren. Da sprengten Dragoner
heran und hieben ihn wieder heraus. Am Mittag mußten sich die Schweden zurück-
ziehen. Die Schlacht bei Fehrbellin war gewonnen. Schwedens Kriegsruhm 1675
sank dahin. Brandenburg aber war mit einem Schlage eine geachtete Macht in
Europa geworden. Friedrich Wilhelm wurde von nun an der Große Kurfürst
genannt.
Im nächsten Winter vertrieb der Kurfürst die Schweden gänzlich aus Pommern,
setzte in Schlitten über das Eis der Haffs und verfolgte die Feinde bis nach Kur-
land. Nun wollte er das wertvolle Vorpommern mit der für den Seehandel wichtigen
Odermündung behalten. Aber der Kaiser und die anderen Verbündeten waren
eifersüchtig auf seine glänzenden Erfolge und schlossen mit Frankreich Frieden. So
treulos im Stich gelassen, stand der Große Kurfürst Frankreich und Schweden allein
gegenüber und mußte im Frieden zu St. Germain Vorpommern den Schweden
zurückgeben. Damals ließ der erbitterte Kurfürst eine Denkmünze prägen mit der
Umschrift: „Einst wird aus meiner Asche ein Rächer entstehen.“
3. Die Belagerung Wiens durch die Türken 1683. Schon unter Kaiser Karl V.
waren die Türken, die bereits im 14. Jahrhundert in Europa festen Fuß gefaßt und
1453 Konstantinopel erobert hatten, bis vor Wien gekommen und hatten es belagert, 1453
allerdings vergeblich. «
Im Jahre 1683 wurden sie von den Ungarn, die von Kaiser Leopold bedrückt
wurden und katholisch gemacht werden sollten, und von Ludwig XIV. der am Rheine
freie Hand haben wollte, abermals herbeigerufen. Sie erschienen wieder vor Wien,
umschlossen es und beschossen und bestürmten die Stadt, die von Rüdiger n
emberg acht Wochen lang heldenmütig verteidigt wurde. Endlich, als in
Wien die Not aufs höchste gestiegen war, erschien ein Entsatzheer unter Führung
des Polenkönigs Jahgnn Sobieski. Am Kahlenberge kam es zur Entscheidungs= 1683
schlacht. Die Türken wurden in die Flucht geschlagen. Wien war befreit. Das
reiche Türkenlager fiel in die Hände der Sieger. Unter den Befreiern Wiens be-
fanden sich auch 10000 Sachsen unter der Führung ihres tapferen Kurfürsten
Johann Ger#gs-—II. Sie verfolgten die fliehenden Türken weit hinein nach
Ungarn. Als sie zurückkehrten, war die Beute schon verteilt, und sie erhielten nur
einen geringen Anteil.
In den folgenden Jahren wurde den Türken ganz Ungarn und Siebenbürgen
entrissen. Endlich nahm ihnen der tapfere Prinz Eugen noder edle Ritter-, sogar
Belgrad und sie wurden über die Donau zurückgedrängt.