Full text: Landeskunde des Großherzogtums Hessen, der Provinz Hessen-Nassau und des Fürstentums Waldeck. (376)

152 Spessart und Rhön. 
alles, was kann, muß helfen und wohnt für einige Zeit oben 
in Leinwandzelten. Wie bei der großen Ausdehnung der 
Wiesen — im Kreis Gersfeld 42% des Bodens — und Weiden 
natürlich ist, steht die Viehzucht an erster Stelle, und die Tal- 
und Hochwiesen ermöglichen das Halten einer größeren Zahl 
von Rindvieh. Daneben wird Schweinezucht getrieben und 
auch die Bienenzucht kommt neuerdings mehr in Aufnahme; 
der Ackerbau nimmt dagegen wegen des mageren Buntsand- 
steinbodens, der auch sonst keine Schätze birgt, und wegen des 
ungünstigen Klimas nur einen verhältnismäßig geringen 
Raum ein. 
Neben der Viehzucht geben einige Hausindustrien lohnende 
Erwerbszweige für die Bewohner ab. Hier ist vor allem die 
Weberei zu nennen, die aus selbstgebautem Flachs früher 
hauptsächlich das grobe sog. „Hausmacherleinen“, jetzt dagegen 
auch andere Produkte verfertigt. Die Weberei ist über das 
ganze Gebirge verbreitet, auch in den höchstgelegenen Dörfern 
bietet sie in den Wintermonaten Beschäftigung. Weiter ist die 
Holzindustrie hierherzustellen, die Küchengerätschaften, Spiel- 
waren, Holzschuhe und eine Menge anderer Waren liefert. 
Daneben wandert ein Teil der unbemittelten Bevölkerung im 
Sommer nach der Wetterau, Westfalen usw. aus; es sind dies 
die sog. „Hollandsgänger“, welche erst im Herbst wieder in die 
Heimat zurückkehren. Infolge dieser Betriebsamkeit der Be- 
völkerung herrscht zwar in der Rhön fast nirgends eigentliche 
Armut; der kärgliche Boden und die übrigen natürlichen Ver- 
hältnisse lassen aber andererseits auch wenig Wohlstand auf- 
kommen. 
Im ganzen ist die Rhön spärlich besiedelt, am geringsten 
der Kamm der Hohen Rhön, der seiner Unwirtlichkeit wegen 
ganz ohne Siedlungen ist und daher eine wirksame Scheide 
zwischen Hessen und Franken bildete. So kommt es, daß das 
Gebirge als Ganzes betrachtet — mit einem Durchschnitt von
	        
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