Full text: Landeskunde des Großherzogtums Hessen, der Provinz Hessen-Nassau und des Fürstentums Waldeck. (376)

Der Vogelsberg. 93 
verzögert sich ihr Abgang in den höheren Strichen bis zum 
April; dadurch und durch das im Erdreich zurückgehaltene 
Wasser erwärmt sich der Boden erst sehr spät, was sich im 
Zurückbleiben der Vegetation gegenüber den benachbarten 
Gegenden unliebsam bemerkbar macht. Hier erfolgt das Auf- 
blühen der Pflanzen im Frühling daher rund einen Monat 
später als in der Oberrheinischen Tiefebene und Rheinhessen 
ünd selbst noch einen halben Monat später als im Odenwald. 
Mit dem Schneefall tritt oft starker Wind auf; diese Schnee- 
stürme, das sog. „Wusterwetter“, sind in den höheren Teilen 
des Vogelsbergs sehr gefürchtet und haben schon manches 
Opfer an Menschenleben gefordert. Aber auch bei hellem 
Wetter sind die Nord= und Nordostwinde, die „Hessenluft", 
wegen ihrer schneidenden Kälte im Winter gefürchtet. Unter 
ihnen hat besonders der Nord= und Nordostabhang zu leiden 
und die Täler, die in nördlicher und nordöstlicher Richtung 
ziehen. In neuerer Zeit hat man versucht, durch Aufforstungen 
stellenweise wenigstens einigen Schutz dagegen zu bieten. 
Mehr geschützt gegen diese rauhen Winde ist der Süd= und 
Südwestabhang, der durch das vorliegende Gebirge gedeckt 
wird. Hier ist deshalb überhaupt milderes Klima zu finden; 
die Täler sind mit Obstbäumen besetzt und die Walnuß steigt 
bis zur Höhe von Schotten, 280 m ü. d. M. Anders ist es auf 
dem hohen Vogelsberg und den nördlichen Abhängen; die 
geschilderten Schnee= und Windverhältnisse, die geringere 
Wärme und das stellenweise häufige Auftreten von Herbst- 
nebeln, die die landwirtschaftlichen Kulturen schädigen, indem 
sie den Reifeprozeß unterbrechen und das Einernten erschweren, 
legen hier der Ausnutzung des Bodens große Hindernisse in 
den Weg. Daß in Grebenhain und an anderen Orten zwei 
Drittel des landwirtschaftlich benützten Bodens aus Gras- 
flächen und nur ein Drittel aus Ackerland besteht, daß Ulrich- 
stein ohne Apfel ist, und in Herchenhain Apfel= und Zwetschen-
	        
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