94 Der Vogelsberg.
bäume vollständig fehlen, wird die Verhältnisse in den höchsten
Teilen des Vogelsbergs genügend illustrieren.
So nimmt es denn auch nicht wunder, wenn sich in den
höchsten Regionen, über 600 m Höhe, eine Anzahl alpiner und
nordischer Pflanzen finden, die zum Teil auch im Taunus und
Westerwald vorkommen, teilweise aber auch, vermutlich der
größeren Bodentrockenheit wegen, im Taunus fehlen. Ein
großer Teil des Bodens im Vogelsberg wird von Waldbedeckt,
und zwar finden sich größere zusammenhängende Waldkom-
plexe außer im Oberwald besonders noch zwischen Schotten
und Laubach, am Nordwestabhang zwischen Homberg an der
Ohm und Alsfeld und am Nordostabhang östlich von Herbstein.
Die Wälder bestehen der Hauptsache nach aus Buchen, die in
der Gegend von Laubach etwa 80—90%0 der gesamten Wald-
bäume bilden. Neben ihnen, treten ursprünglich noch Hain-
buchen und Eichen auf, während der Nadelwald, erst später
künstlich angepflanzt, im ursprünglichen Waldbild fehlte.
Mitten ins Waldgebiet des Oberwalds schiebt sich das Torf-
moor der Breungeshainer Heide ein, hauptsächlich aus Sphag-
numarten gebildet, während von anderen Pflanzen dort vor
allem das Heidekraut auftritt.
Die Bewohner des Vogelsbergs gehören zum chattischen
Stamm und haben dessen körperliche und geistige Eigentüm-
lichkeiten gut bewahrt. Zu letzteren gehört ein konservativer
Sinn, ein zähes Festhalten am Althergebrachten und an alten
Gewohnheiten, selbst wenn sie unpraktisch und finanziell un-
rentabel sind. Das zeigte sich einerseits darin, daß sich die alte
Tracht — lange Röcke und Pelzkappe bei den Männern, kurze,
bis zum Knie reichende Röcke und Hessenhäubchen der Frauen
usw. —, die in den Einzelgegenden Unterschiede aufwies, und
die alte charakteristische Art des Hausbaues sehr lange gehalten
haben und erst ganz in neuerer Zeit anfangen, anderen Mu-
stern und Formen zu weichen; es zeigt sich aber auch in mancher-