Full text: Aus dem Leben der Königin Carola von Sachsen.

gab. Die Wahl des Stückes fiel auf „La curieuse“ von Madame 
de Genlis. Die Rollenverteilung, sowie die Auswahl der Kostüme 
nahmen bald aller Thätigkeit in Anspruch. Herren durften sich 
natürlich nicht beteiligen, und die Damen mußten sich auf der 
Bühne damit begnügen, zu erzählen, was jene gethan oder gesagt 
hatten. Der Gartensalon diente als Theater. Der Ocberförster 
veranstaltete das nötige Donnerwetter mit Papiertrommel und 
Kolophonium. Prinzessin Carola sah allerliebst aus, wie eine 
Meißnerporzellanfigur im Chokolatièrenkostüm. Die Obersthof- 
meisterin der Prinzessin Wasa, Gräfin Otting, eine gute, alte, 
aber oft zerstreute Dame, soufflierte. Sie versäumte, der Prinzeß 
einzuhelfen, so daß diese ängstlich von der Bühne in die Coulisse 
rief: „Ach, liebe Gräfin, nur ein Wort!“ Die Aufführung verlief 
ganz zur Zufriedenheit des kleinen Publikums. 
Während in diesen Jahren das sittigende, den Zerstreuungen 
lärmender Umgebungen fernliegende Landleben in Mähren seinen 
ganzen Zauber, seine volle Macht auf das Herz der heranwachsenden 
Jungfrau ausübte, trat die Prinzessin während der Aufenthalte 
bei ihrer Großmutter in Baden in den Kreis ihrer Standesge- 
nossen, in das Treiben der großen Welt. 
Die verwitwete Großherzogin Stephanie von Baden war eine 
hervorragende, noch immer schöne Frau. Sie war die Tochter 
des Grafen Claude de Beauharnais, Sohn des Schwagers der 
Kaiserin Josephine und einer Gräfin Lezai-Marnésia, und war 
am 28. August 1789 geboren. Witwer geworden, hatte Graf 
Beauharnais seine Tochter einer älteren, gottesfürchtigen Tante 
in Montauban anvertraut, wo sie in völliger Zurückgezogenheit 
lebte und von vertriebenen Klosterfrauen erzogen wurde. Sie 
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