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Abreise machte Prinzessin Carola ihre Abschiedsbesuche bei den
Armen. Waren die Bewohner in ihrem Häuschen nicht an—
wesend, half sich die Prinzessin, um ihnen doch etwas schenken
zu können, dadurch, daß sie durch die viereckigen Offnungen unten
an den Thüren, welche den Katzen als Ein= und Ausgänge
dienten, Schuhe und Kleidungsstücke hindurchsteckte.
Die lange Reise von Mähren nach Tirol war damals noch
recht beschwerlich, aber sie bot viel des landschaftlich Herrlichen.
Prinzessin Carola konnte sich nichts Schöneres und doch dabei
Wilderes denken als den Kuntersweg zwischen Klausen und Bozen,
wo auf der einen Seite der Eisak fließt, auf der anderen hohe
Felsenwände emporstreben. Sie glaubte in ein Paradies zu
kommen, als sich plötzlich wie in einem Feenbilde der reizende
Bozener Boden öffnete; er ist zwar auch von hohen Bergen um-
geben, diese sind aber weit hinauf mit Wein= und Obstgärten
bedeckt und mit einer Menge Villen besät. Von den verschiedenen
Gegenden, durch welche die Prinzessin auf der Reise gekommen
war, fand sie diese am allerschönsten, schöner als die Gegend
zwischen Linz und Lambach, da dort den Bergen der zarte
violette Hauch der italienischen Gebirge fehlt. Das eigentliche
Tirol bewunderte die Prinzessin nicht in gleichem Maße. Auf
dem Wege von Salzburg nach Reichenhall war sie zwei Stunden
lang bergauf und bergab auf einer engen Straße gefahren, die
so von Bergen umringt war, daß sie geglaubt hatte, ersticken
zu müssen; dabei bestanden die Berge aus kahlen Granitmassen,
und der Nebel war zeitweise so dicht, daß kaum zwei Schritte
weit zu sehen war. In der Nähe von Innsbruck begegneten
die Prinzessinnen großen Trupps mit Glocken und farbigen