Kriegsteilnehmerschutgesetz vom 4. August 1914. 8§2. 101
eine Bedeutung der Erlaß eines gewiß zufolge der Unterbrechung des Verfahrens
unstatthaften Urteils besitzt. Keinesfalls sind solche Urteile „absolut un-
wirksam“ oder „nichtig“. Denn solche Urteile kennt unsere 83PO. über-
haupt nicht. Die kriegsbehinderte Partei muß also gegen das Versäum-
nisurteil Einspruch erheben und zwar nach der Beseitigung der Unter-
brechung, also nach Beendigung des Krieges oder früher mit dem endgültigen
Verluste ihrer Eigenschaft als Kriegsteilnehmer. An sich würde demnach auch
zufolge Ablaufs der zwei= oder einwöchentlichen Einspruchsfrist, die in dem eben
angegebenen Zeitpunkte zu laufen beginnt, die relative Unwirksamkeit des Ver-
säumnisurteils gehoben sein (vgl. § 295 3PO.). Aber hier setzt heilend der
& 7 des erwähnten Reichsgesetzes ein. S. den Bericht zu § 7 Nr. II 1 b.
d) Bendix, DV3. 15 199: Der Kriegsteilnehmer kann das nun einmal
vorhandene gerichtliche Versäumnisurteil, das doch keine Parteihandlung ist, nicht
ohne weiteres schlechthin als nicht vorhanden betrachten. Er wird nicht befugt
sein, jederzeit die Anberaumung eines neuen Termins zu verlangen und dort
die Unwirksamkeit des Urteils geltend zu machen. Er wird vielmehr nach Be-
endigung des Kriegszustandes oder vorher, nach Aufnahme des Verfahrens, den
zulässigen Rechtsbehelf, den Einspruch, einlegen müssen, womit der
Rechtsstreit in die Lage vor Erlaß des Versäumnisurteils zurückversetzt wird
(§ 342 3P#O.). Er konn jetzt rügen, daß der Antrag des Gegners auf Er-
laß des Versäumnisurteils und deshalb auch dessen Erlaß ihm gegenüber der
Wirkung entbehrt.
e) Hachenburg, LeipzB. 14 1594: Durch die Unterbrechung des Verfahrens ist
ein Antrag auf Urteil dem Beklagten gegenüber un wirksam. Unwirksam ist
auch ein Urteil, wenn es trotz der Unterbrechung ergeht. Die Fristen gegen
den Beklagten laufen nicht. Er kann gegen das Versäumnisurteil, wenn er
heimkehrt, Einspruch einlegen. Es steht ihm die Berufung gegen das zweite
Versäumnisurteil und die Nichtigkeitsklage zu.
f) Lißner, 3W. 15 206: Nach der Rechtsprechung des R. (vgl. RG. 45
326 ff., 64 362) sind zwar der Antrag auf Erlaß des Versäumnisurteils und
seine Zustellung Prozeßhandlungen, die von einer Partei vorgenommen und
deshalb gemäß § 249 Abs. 2 3PO. der anderen Partei gegenüber ohne
rechtliche Wirkung sind. Dagegen ist das Versäumnisurteil selbst keine
von einer Partei vorgenommene Prozeßhandlung, sondern eine Gerichtshandlung,
die nicht von selbst wirkungslos, sondern nur mit einem prozessualen Mangel
behaftet ist. Will daher eine kontumazierte Partei dem Prozeß Fortgang geben,
so kann sie nicht ohne Rücksicht auf das einmal ergangene Versäumnisurteil die
Anberaumung eines neuen Termins beantragen, gleich als ob das Versäumnis-
urteil gar nicht erlassen wäre, vielmehr muß sie zunächst das Versäumnis-
urteil aus der Welt schaffen und deshalb Einspruch einlegen. Hierzu ist
sie während der Dauer der Unterbrechung des Verfahrens jederzeit in der
Lage, da die Urteilszustellung unwirksam ist, die Einlegung des Einspruchs aber
nach der ständigen Rechtsprechung des RG. bereits vor Urteilszustellung erfolgen
kann. An eine Frist ist sie erst dann gebunden, wenn das Urteil nach Be-
endigung der Unterbrechung rechtswirksam zugestellt wird.
8) Cohn, JW. 15 235: Die Kommentare zur 3PO. und mehrere Urteile
des Reichsgerichts stimmen darin überein, daß solche Entscheidungen, wie sie
früher hauptsächlich bei der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen einer
Partei vorkamen, nicht nichtig, sondern nur anfechtbar sind. In den Schriften
zum Kriegsrecht ist diese Ansicht nicht ohne Widerspruch geblieben. Sie ist aber
theoretisch richtig und praktisch geboten. Es geht überhaupt nicht an, ein mit
staatlicher Autorität bekleidetes Urteil als nicht geschehen zu behandeln. Jeden-