Full text: Kriegsbuch. Erster Band. (1)

Bek. Über die Vertretung der Kriegsteilnehmer v. 14. Januar 1915. 82. 149 
gebenen Voraussetzungen also allgemein möglich. Der Unterschied tritt aber 
dann insofern hervor, als bei nichtvermögensrechtlichen Sachen der Aussetzungs- 
antrag auch des gerichtlich bestellten Vertreters nicht abgelehnt werden kann, wohl 
dagegen bei vermögensrechtlichen Sachen. 
2. Der Begriff der offenbaren Unbilligkeit. 
:) Ring, D353. 15 136: Die Begründung hält für „offenbar un- 
billig“ die Aussetzung nur, wenn sie gegen Treu und Glauben in gröb- 
lichster Weise verstößt und dies sich einer unbefangenen Betrachtung der 
tatsächlichen Verhältnisse sofort aufdrängen muß. Das ist fast wörtlich dem 
Komm. d. RöRäte z. BG. (2) § 319 Anm. 1 entnommen. Die Begründung 
fügt hinzu, daß hierbei die Interessen des Kriegsteilnehmers im Vordergrunde 
zu stehen hätten, denen selbst ein erheblicher Nachteil des Gegners regelmäßig 
weichen müsse. Wird ein so strenger Maßstab angelegt, dann erscheint die An- 
wendung der Vorschrift nur selten möglich. Der Wortlaut der V0. stützt 
solche einschränkende Beurteilung nicht: er bedingt nur, daß die Aus- 
setzung „unbillig“ sei, d. h. wohl, daß die Verhinderung der Prozeffortführung 
wider Treu und Glauben verstoße (vgl. 88 157, 162, 242, 320, 815 BG#.) und 
daß diese Unbilligkeit „offenbar“ sei, d. h. daß sie aus der Sachlage, gegebenen- 
falls nach Beweisaufnahme, klar erhelle (vgl. RG. in WarnE. 11 Nr. 319). 
b) Nissen, Leipz#Z. 15 208: Während über die Bestellung des Vertreters 
(§ 1) der Vorsitzende bestimmt, entscheidet hier das Gericht. So kann es 
kommen, daß, wenn unter Bejahung der offenbaren Unbilligkeit der Vertreter be- 
stellt ist, dessen Antrag auf Aussetzung nichtsdestoweniger, unter Verneinung der 
Frage, stattgegeben wird. Denn an die frühere Beurteilung seines Vor- 
sitzenden ist das Gericht nicht gebunden. 
e) HansGerZ. 15 Beibl. 56 Nr. II, Leipz. 15 562 Nr. 7 (Hamburg l): Es 
handelt sich lediglich darum, daß nach erledigter Ermittelung des Sachverhalts 
entschieden wird, ob und eventuell wieviel für die Brigg zu zahlen ist. Diesen 
Anspruch der Klägerin durch Aussetzung zu verkümmern, weil zwei Söhne des 
Seniorchefs, die Teilhaber der offenen Handelsgesellschaft sind, im Felde stehen, 
würde offenbar unbillig sein. 
d) Recht 15 177 Nr. 361 (LG. Bamberg): Hat der durch den Krieg an der 
Vertretung gehinderte gesetzliche Vertreter einer Gesellschaft mbS. 
bis zur Einberufung und seinem Abmarsch ins Feld seinem Anwalt aus- 
reichende Anweisungen erteilt und find die Gesellschafter imstande, ohne 
besondere Schwierigkeiten für eine anderweitige Vertretung der Gesellschaft zu 
sorgen und trotz Abwesenheit des Geschäftsführers Anweisungen für Prozesse zu 
erteilen, so wäre die Aussetzung des Verfahrens offenbar unbillig. 
e) Leipz3. 15 646 Nr. 43 SächsRpflA. 15 196 (Dresden III): Der Beklagte 
befindet sich seit August 1914 im Heeresdienste bei einer mobilen Truppe. Sein 
Geschäft wird durch einen Prokuristen fortgeführt, der den Klagewechsel vom 
15. September 1914 akzeptiert und der Klägerin für ihre Forderungen aus 
Warenlieferungen gegeben hat. Diese Forderungen sind zwar bereits vor der 
Einberufung des Beklagten entstanden. Wie der Beklagte jedoch nicht in Abrede 
stellt, wurde das Akzept gegeben, weil die Klägerin abgelehnt hatte, dem Be- 
klagten sonst weiter zu liefern. Der Wechsel ist also zur Förderung der Weiter- 
führung des Geschäfts des Beklagten gegeben. Genießt dieser die Vorteile 
der Fortführung seines Geschäfts, so darf er sich auch nicht der 
Erfüllung der Verpflichtungen entziehen, die zum Zwpecke dieser Ge- 
schäftsfortführung eingegangen sind. Der vom Beklagten gestellte Aussetzungs- 
antrag ist daher offenbar unbillig.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.