180 B. Geltendmachung von Ansprüchen während der Kriegszeit.
Bedeutung, daß der Richter über diese Folgen in dem Urteil eine ausdrückliche
Entscheidung zu geben hat. Dagegen sollte durch diese Vorschrift nichts daran
geändert werden, daß durch die auf Grund der Bekanntmachung vom 7. August 1914
erfolgte gerichtliche Bewilligung einer Zahlungsfrist der zukünftige Eintritt von
Rechtsfolgen der nicht rechtzeitigen Zahlung auch dann gehindert wird, wenn
hierüber in der gerichtlichen Entscheidung nichts gesagt ist. Daß dies der Stand-
punkt der Bekanntmachung vom 7. August 1914 ist, ergibt sich aus der Vor-
schrift des § 1 Abs. 3. Denn wenn die gerichtliche Bewilligung einer Zahlungs-
frist keinen Einfluß auf die künftig eintretenden Rechtsfolgen der nicht rechtzeitigen
Zahlung hätte, so wäre die Vorschrift überflüssig, daß durch die Bestimmung
der Zahlungsfrist der Zinsenlauf nicht berührt wird. Im übrigen geht
aber die Bekanntmachung vom 18. August 1914 auch hinsichtlich der künftig ein-
nretenden Rechtsfolgen über die Bekanntmachung vom 7. August 1914 hinaus.
Denn während nach dieser die künftigen Rechtsfolgen nur für die Dauer von
längstens 3 Monaten beseitigt werden können, gestattet die Bekanntmachung vom
18. August 1914, eine Anordnung zu treffen, durch die eine dauernde Beseitigung
dieser Rechtsfolgen erzielt wird. — Die vorstehenden Ausführungen gelten nur
für die Vorschriften der §§ 1 und 2. Im Falle des § 3 handelt es sich nicht
um die Bewilligung einer Zahlungsfrist in dem oben gekennzeichneten Sinne,
sondern um die Einstellung der Zwangsvollstreckung in der von der
Zivilprozeßordnung gebrauchten Bedeutung. Diese Einstellung hat daher auf
die s#leihtssoigen der nicht rechtzeitigen Zahlung der Geldforderung keinen
Einfluß.
J. Sieskind a. a. O. 79 83: In ihrer Wirkung steht die gerichtliche Be-
willigung der Zahlungsfrist der Einwilligung des Gläubigers in das
Stehenbleiben der Schuld gleich. Vornehmlich besteht die Wirkung in
der Aufhebung des Schuldnerverzugs für die Zukunft (purgatio morae), jedoch
mit der aus § 1 Abs. 3 sich ergebenden Einschränkung, daß Zinsen weiterlaufen.
Die bereits eingetretenen Verzugsfolgen hören nicht auf, so daß die Er-
weiterungen und Anderungen, welche die Forderung bereits erfuhr, unberührt bleiben
(ogl. Dernburg, Bürgerl. Recht § 73 II 1). Die „allgemeinen“ Folgen, sofern
sie bereits eingetreten sind, können weder nach der Verordnung vom 18. August 1914
noch durch die Bewilligung einer Zahlungsfrist aufgehoben werden. Um sich auch
hiergegen zu schützen, werden Schuldner von künftig fällig werdenden Forderungen
guttun, die Bewilligung der Zahlungsfrist rechtzeitig, also noch vor Eintritt
des Schuldnerverzugs, nachzusuchen. —. Im Gegensatze zur Zahlungsfrist
dußert die Einstellung keine Wirkung auf die Forderung selbst.
Die Fälligkeit der Forderung und ihre Folgen bleiben unberührt.
5. Stein, Leipz3. 15 252: Die besondere Vorschrift, daß der Zinsenlauf
nicht berührt werden soll, hätte keinen Sinn, wenn nicht durch die Zahlungsfrist
im Üübrigen alle schon eingetretenen und künftigen Verzugsfolgen
beseitigt würden. Das Urteil, das unter Gewährung einer Zahlungsfrist
verurteilt, gleicht also in seinem juristischen Wesen ganz der Verurteilung zu
künftiger Leistung, wie sie nach §§ 257 ff. ZPO. auch sonst ergeht. Nur daß in
diesen Fällen die künftige Zahlungspflicht sich aus der vertragsmäßigen oder
gesetzlichen Rechtslage unter den Parteien ergibt, nach dem Kriegsgesetz aber im
Widerspruch mit dieser Rechtslage vom Richter geschaffen wird. Dagegen sind
die Einstellung der Zwangsvollstreckung und die Beseitigung der Voll=
streckungsklausel rein prozessuale Maßregeln, die nur die Besonderheit haben,
daß sie den an sich begründeten Rechtsanspruch des Gläubigers auf sofortige
Vollstreckung zeitweise oder ganz ausschließen und daher an diesem prozessualen
Objekt ebenfalls rechtsgestaltend wirken.