182 B. Geltendmachung von Ansprüchen während der Kriegszelt.
wie die Bekanntmachung des Bundesrats gegen die Folgen der nicht rechtzeitigen
Zahlung einer Geldforderung vom 18. August 1914. Die andere Ansicht
wird durch die besondere Regelung des Zinsenlaufs schon widerlegt; diese war
nur deshalb erforderlich, weil es sich um materielle Maßnahmen handelte. Wenn
durch Vertrag die Zahlung der fälligen Schuld unter den Vertragsparteien hin-
ausgeschoben werden kann, so kann also auch durch gesetzliche Vorschrift, wie es
hier geschehen ist, dem Schuldner Zahlungsfrist gewährt werden. Diese gesetzliche
Zahlungsfrist hat dieselbe Wirkung wie die vertraglich bewilligte Stundung.
u. Schweitzer, JW. 15 320: Das Gericht „bewilligt“ nicht eigent-
lich die Zahlungsfrist, es „tritt nicht an Stelle des Gläubigers“ (wie Güthe
— oben 8 — meint), sondern es stellt fest, daß die Voraussetzungen
für die erkannte Zahlungsfrist vorliegen. Es handelt sich nicht
wie bei der Ehescheidung um eine rechtsgestaltende Einwirkung des Richters,
sondern um einen vom Gesetzgeber anerkannten Fall der clausula rebus sic
stantibus. Die richterliche Bestimmung einer Zahlungsfrist ist juristisch ebenso
aufzufassen wie das Ermäßigungsrecht, das dem Richter gemäß § 343 B#B.
bei unverhältnismäßig hohen Vertragsstrafen zusteht. Es bedeutet der Antrag
auf Gewährung einer Zahlungsfrist die Geltendmachung einer bürgerlich-rechtlichen
Einrede, aus welcher Auffassung sich weitgehende prozessuale und materiellrecht-
liche Folgen unschwer ergeben. In materieller Hinsicht hat diese Auffassung
das Ergebnis, daß die Gewährung der Zahlungsfrist die gleiche Bedeutung
hat wie eine vom Gläubiger gewährte Stundung; sie ist also nicht
etwa eine rein prozessuale Maßnahme. Hinsichtlich des Fristverlangens
finden die Grundsätze des BG. über die Einrede Anwendung.
v. Mayer a. a. O. 76, 266: Wenn für eine vor dem 31. Juli 1914 ent-
standene Forderung dem Schuldner nachträglich Zahlungsfrist bewilligt wird,
wird die bereits vor dem 31. Juli 1914 eingetretene Rechtsverwirkung nicht
mehr beseitigt, trotzdem der Schuldner die Forderung selbst vor Ablauf der
Zahlungsfrist nicht zu bezahlen braucht. Diese Folge ist aus der Erwägung zu
billigen, daß die nachträgliche Bewilligung einer Zahlungsfrist nur die Verzugs-
folge für die Zukunft beseitigen, nicht aber für die Vergangenheit aufheben kann.
Wenn auch die Bewilligung der Zahlungsfrist nicht bloß eine prozessuale Maß-
nahme ist, sondern eine Stundung enthält, so könnte diese doch nicht etwa
dahin führen, daß nunmehr der Schuldner, welchem eine Zahlungsfrist bewilligt
ist, eine Forderung gegen seinen Gläubiger unter Berufung auf §§ 387, 390
BGB. geltend machen könnte, ohne seine eigene Forderung zu bezahlen.
Dies würde gegen Treu und Glauben verstoßen. Der Gläubiger eines Schuldners,
welchem Zahlungsfrist bewilligt wurde, kann vielmehr gegenüber der Gegenforderung
seines Schuldners seine eigene Forderung, bezüglich welcher dem Schuldner Zahlungs-
frist bewilligt wurde, gleichwohl zur Aufrechnung bringen, sofern ohne die
Bewilligung der Zahlungsfrist die Aufrechnung möglich wäre.
K. Jaffa a. a. O.: Die Fristgewährung ist eine materiellrechtliche
Maßregel. Es wird die Fälligkeit der Forderung hinausgeschoben. Das geht
daraus hervor, daß, auch ohne daß ein Rechtsstreit schwebt, der Schuldner den
Gläubiger zur Verhandlung über die Zahlungsfrist laden kann. Daraus folgt,
daß, wenn die Frist gewährt ist, bevor der Schuldner in Verzug war, die
Folgen des Verzugs nicht eintreten, also insbesondere nicht die Fällig-
keit eines Hypothekenkapitals bei Nichtzahlung der Zinsen.
o. Lagro a. a. O. 26: Die Wirkung der Zahlungsfrist geht dahin, daß die
Schuld erst als mit dem Ablaufe der Zahlungsfrist fällig geworden
angesehen wird.