Bek. über die Bewilligung von Zahlungsfristen v. 7. Aug 1914 / 20. Mai 1915. §5 1. 187
3. Das Mahnverfahren insbesondere.
S. zu dem folgenden die neue Vorschrift des § 4 der Verordnung.
a) Unger, Recht 14 720: Besonderes ergibt sich für das Mahnverfahren.
Mit Eingang des Antrags auf Erlaß des Zahlungsbefehls ist der Rechtsstreit
„anhängig". Bei Widerspruch des Schuldners geht das Verfahren in das gewöhn-
liche Prozeßverfahren über, der Fristantrag kann also in der gewöhnlichen Weise
in der mündlichen Verhandlung gestellt werden. Der Schuldner kann aber auch
den Widerspruch unter Anerkennung der Forderung auf die
Gewährung der Zahlungsfrist beschränken. Ein solches Verfahren ist
jedoch kostspielig und umständlich, insbesondere wenn der Gegenstand über die
amtsgerichtliche Zuständigkeit hinausgeht und das Verfahren vor den Landgerichten
mit Anwaltszwang fortgesetzt werden muß. Das Mahnverfahren ist zunächst ein
schriftliches. Es unterliegt daher keinem Bedenken, auch für den Fristantrag
Schriftlichkeit zuzulassen, dahingehend, daß der Schuldner nach Zustellung des
Zahlungsbefehls schriftlich beantragt, ihm für den Fall des Erlasses des
Vollstreckungsbefehls eine Zahlungsfrist zugewähren. Das Gericht
entscheidet dann — möglichst nach Anhörung des Gläubigers — durch Beschluß.
Dieser Beschluß hindert nicht den Erlaß des Vollstreckungsbefehls, wohl aber
die Vollstreckung. Die Frist läuft dann von der Bekanntgabe (analog § 3 der
Bekanntmachung), ihre Erwähnung im Vollstreckungsbefehl wird zweckmäßig sein.
Dieses Verfahren spart dem Schuldner die Kosten und Umbequemlichkeiten des an sich
zwecklosen Widerspruchs; er entgeht auch der Gefahr der Zwangsvollstreckung.
Andererseits wird auch eine dem Gläubiger schädliche Verzögerung verhindert.
In der Bekanntmachung findet ein solches Verfahren vielleicht keine unmittel-
bare Stütze. Seine Vorteile liegen aber so klar zutage, daß alle formellen
Bedenken schwinden müssen. Es ist nichts weiter als eine durch das Prozeß-
gericht vorweg genommene Einstellung der Zwangsvollstreckung gemäß § 3.
b) Hahn, Gesetz und Recht 15 559: Zweifel sind entstanden, wie sich der
Schuldner zu verhalten habe, wenn der Gläubiger einen Zahlungsbefehl gegen
ihn erwirkt, gegen den er Einwendungen nicht zu erheben hat. Das Richtige
ist, daß er in solchen Fällen gleichwohl Widerspruch erhebt und auf mündliche
Verhandlung anträgt (8 696 3PO.), um in dieser den Anspruch an sich anzu-
erkennen, aber zugleich sein Gesuch um Fristbewilligung anzubringen.
c) Burkhardt, Leipz#. 15 28: In den weitaus meisten Fällen kommt der
Schuldner, der einen Zahlungsbefehl erhalten hat, zur Gerichtsschreiberei,
um sich dort Rats zu erholen. Der Gerichtsschreiber nimmt nun mit ihm ein
Schriftstück auf, in dem der Schuldner die Forderung anerkennt, unter näherer
Darlegung seiner Verhältnisse Vorschläge macht, in welcher Weise er Zahlung
leisten kann, und zum Schlusse erklärt, daß er mit der Erlassung eines Voll-
streckungsbefehls einverstanden ist, wenn der Gläubiger der Zahlungsvorschlägen
zustimmt, dagegen Widerspruch gegen den Zahlungsbefehl erhebt, wenn die Zu-
stimmung verweigert wird. Das Schriftstück wird dem Gläubiger mitgeteilt;
stimmt er zu und beantragt er die Erlassung eines Vollstreckungsbefehls, so nimmt
der Gerichtsschreiber die Zahlungsbedingungen in die Vollstreckungsklausel auf.
Ebenso kann verfahren werden, wenn der Schuldner nach der Zustellung des
Zahlungsbefehls dem Gerichte schriftlich mitteilt, daß er nur Zahlungsaufschub
anstrebt. Der ortsanwesende Schuldner wird auf die Gerichtsschreiberei einge-
laden; dem auswärts wohnenden kann schriftlich oder durch Vermittelung des
Gerichtsschreibers am Gericht seines Wohnsitzes leicht vorgestellt werden, daß die
Einigung mit dem Gläubiger vorteilhafter ist als die weitere Behandlung im
ordentlichen Verfahren. Rechtliche Bedenken bestehen gegen das Verfahren nicht.