Bek. über die Bewilligung von Zahlungsfristen v. 7. Aug. 1914 / 20. Mai 1915. 8 1. 191
Dd. Stein, Leipz3. 15 251: Ein bedenklicher Fehlgriff ist dadurch begangen
worden, daß das O#. Dresden (unten 192 aa) sich berechtigt glaubte, von der
Verordnung über die Zahlungsfristen die Angehörigen feindlicher Staaten auszu-
nehmen. Diese Entscheidung und was zu ihrer Unterstützung in der Literatur
vorgebracht ist, verkennt, daß in Deutschland der einzelne Richter nicht
berufen ist, auf eigene Faust Akte der Kriegführung vorzunehmen.
Das ist dem Gesetzgeber vorbehalten, der es denn auch durch Zahlungsverbote
und dergleichen ausgiebig getan hat.
uo. Jaritz, JW. 15 61: Es muß nicht nur ein Recht des Gerichts zur
Bewilligung von Zahlungsfristen auch zugunsten feindlicher Ausländer
als Beklagter in jedem Falle anerkannt, sondern sogar davon ausgegangen
werden, daß nur ein möglichst weitherziges Gebrauchmachen von dieser Befugnis
auch solchen Personen gegenüber dem Zwecke der Z Fr VO. in Wirklichkeit
entspricht.
Teilweise auch:
1u. Hollaender, JW. 14 971: Die Zahlungsfristverordnung gehört zu der
Reihe von Gesetzen, die erlassen sind, um die deutsche Volkswirtschaft über die durch
den Krieg herbeigeführte Geschäftsstockung mit möglichst geringer Erschütterung
hinwegzuführen. Hieraus ergibt sich, daß nicht nur Angehörige feindlicher
Staaten, sondern auch Neutrale, die sich nicht in Deutschland aufhalten, von
ihr keinen Gebrauch machen können. Zugunsten unserer österreichischen
Verbündeten dagegen muß die Bekanntmachung Anwendung finden; denn die
österreichische Volkswirtschaft ist mit der unserigen gegenwärtig dermaßen ver-
knüpft, daß ihre Erschütterung auf Deutschland nicht ohne erhebliche Rück-
wirtung bleiben könnte. Dem Zwecke der Bekanntmachung entspricht es auch
nicht, daß Ausländer von ihren Vorteilen Gebrauch machen dürfen, wenn
sie sich in Deutschland aufhalten, ohne hier einen Wohnsitz oder eine
Geschäftsniederlassung zu haben; sie zu schützen, liegt vom Standpunkte der
deutschen Volkswirtschaft kein Grund vor. Etwas anderes gilt dagegen für
Ausländer, die hier ihren Wohnsitz oder ihre Geschäftsniederlassung
haben. Denn sie sind trotz ihrer Eigenschaft als Ausländer Glieder der deutschen
Volkswirtschaft, und ihr Ruin würde in den meisten Fällen ebenso einen volks-
wirtschaftlichen Schaden bedeuten wie der wirtschaftliche Zusammenbruch eines
Deutschen.
XX. Neumayer, DJ3. 14 1198: § 1 ist anwendbar auf Geldforderungen,
für deren Geltendmachung ein Gerichtsstand in Deutschland besteht. Zu
einer wesentlichen Erweiterung des Kreises, dem die Stundung nützen kann,
scheint freilich § 2 3 FrVO. zu führen, der eine Erwirkung der Zahlungsfrist
auch im allgemeinen Gerichtsstande des Gläubigers vorsieht. Aber das muß sich
sinngemäß auf Forderungen beziehen, für die ein Gerichtsstand im Deutschen
Reiche auch ohnedies begründet wäre (§ 2 verweist auch sormal auf § 1 VD.).
Und selbst innerhalb dieser Grenzen wird der Richter in Handhabung der ihm
übertragenen Freiheit davon absehen müssen, die Zahlungsfrist Personen zu ge-
währen, die dem deutschen Wirtschaftsleben nicht angehören. Es
ist die unmittelbare Fürsorge für den Schuldner, die hier den Ausgangspunkt
der Maßregel bildet. Andererseits können in solchem Falle aber auch keine
Schwierigkeiten durch Angehung des Rechtsschutzes eines fremden Staates ent-
stehen. Denn auch gegenüber einem rechtskräftigen Urteile des Auslandes ist
die nachträgliche Gewährung einer Zahlungsfrist durch den deutschen Richter
möglich; gegenüber einer in Deutschland gewährten Frist kann auch ein später
ergangenes Urteil des Auslandes nicht durchdringen.