202 B. Geltendmachung von Ansprüchen während der Kriegszeit.
diese Ansprüche haben ihren Grund in dem Kaufvertrag. Sie entstehen — zum
mindesten als eventuelle — sofort mit dem Abschluß des Kaufvertrages. Ist
der Kauf vor dem 31. Juli geschlossen, so ist jeder dieser Ansprüche, auch wenn
seine besonderen Voraussetzungen erst nach dem 31. Juli eingetreten sind, so-
weit er auf Geld gerichtet ist, eine „vor dem 31. Juli entstandene Geldforderung“.
o. Freiesleben, DJ3. 14 1155: Man würde zu einem nicht durchweg
befriedigenden Ergebnis kommen, wenn man jede Forderung, die auf einem
erst am 31. Juli oder etwas später perfekt gewordenen Vertrage
beruht, von der gerichtlichen Befristung ausnehmen wollte. Hat z. B. der
Empfänger eines am 29. Juli abgegebenen Vertragsantrags diesen durch eine
Erklärung vom 30. Juli angenommen, die erst am 31. Juli dem anderen Teile
zugegangen ist, so würde man den Vertrag, streng genommen, als erst am
31. Juli zustande gekommen und die aus ihm entspringenden Forderungen als
der gerichtlichen Befristung entzogen ansehen müssen, obschon alle sie begrün-
denden Handlungen der Vertragsparteien vor Beginn des Kriegszustandes liegen
und also im Sinne der Ausführungen Kipps (oben a) die Unterstellung unter
die beiden Bekanntmachungen vollauf beanspruchen könnten. Es entspricht deshalb
dem Geiste der Bestimmungen weit mehr, den Begriff der Entstehung der
Forderung dahin auszulegen, daß die die Zahlungspflicht begründende
Willenshandlung des Schuldners vor dem 31. Juli liegen muß,
und sie demgemäß auch dann als vor diesem Zeitpunkt entstanden anzusehen,
wenn eine Verpflichtung durch spätere Annahme von seiten des Gläubigers
erst nach diesem Zeitpunkt begründet worden ist, ohne daß der Schuldner die
Möglichkeit hatte, sich noch nach Beginn des Kriegszustandes — etwa durch
Widerruf seines Angebots — rechtzeitig von seiner Verpflichtung zu befreien.
. Gesetz u. Recht 16 90: Im Sinne der 3Fr VO. wird man sagen müssen,
daß eine Forderung vor dem 31. Juli 1914 entstanden ist, sofern nur das
Schuldverhältnis, aus dem sie entspringt, vor dieser Zeit ent-
standen ist. Allerdings wird dies nur insoweit gelten können, als der Zweck
der Verordnung diese ausdehnende Auslegung geboten erscheinen läßt. Das ist
insbesondere dann nicht der Fall, wenn der Schuldner selbst durch freie Ent-
schließung die Forderung des Gläubigers nach jenem Zeitpunkt zur Entstehung
bringt oder wenn es in seinem Willen liegt, daß es zu ihrer Entstehung nicht
kommt, wenn also die Entstehung der Forderung nicht die notwendige rechtliche
Folge des Schuldverhältnisses an sich ist, mag dieses auch vor dem fraglichen
Zeitpunkt entstanden sein. Unterläßt es der Mieter, den Vertrag nach
dem 31. Juli zu kündigen, obgleich er zu der Kündigung an und für sich
berechtigt war, so hat die Mietzinsforderung für die Zeit, für welche, bei recht-
zeitig erfolgter Kündigung der Vertrag nicht mehr bestehen würde, als nach dem
31. Juli entstanden zu gelten. Ganz dasselbe muß für Vertragsverletzungen
nach dieser Zeit gelten, gleichviel ob der Schuldner sie selbst begangen oder
nur zu vertreten hat.
v. Spiller, DTT3. 15 100: Es taucht der Zweifel auf, wie die Fälle zu be-
urteilen sind, wo zwar der Mietvertrag vor dem 31. Juli 1914 abgeschlossen ist,
aber bereits am 1. Oktober oder 1. November 1914 das Mietverhältnis ab-
gelaufen war und mangels entgegenstehender Bestimmung im Mietvertrage
„mangels Kündigung verlängert sich die Vertragsdauer um 1 Jahr“ oder auf
Grund des § 568 BGB. mit der Verlängerung auf unbestimmte Zeit, d. h. bei
Mietwohnungen nach § 566 Satz 2 auf die Dauer eines Jahres, das Miect-
verhältnis fortgesetzt wird. Viele sind der Ansicht, daß der alte Vertrag fort-
bestehe, also kein neuer Vertrag durch die stillschweigende Fortsetzung des Miet-
verhältnisses begründet werde. Dieser Ansicht ist bezzutreten.