206 B. Geltendmachung von Ansprüchen während der Kriegszeit.
e. Der Anspruch wegen Beschädigung der Mietsache.
Mayer a. a. O. 51: Wenn der Mieter nach dem 31. Juli 1914 die
Mietsache beschädigt, so kann auf die Schadensersatzerforderung des Ver-
mieters keine Zahlungsfrist bewilligt werden; denn diese Forderung beruht nicht
unmittelbar auf dem schon vor dem 31. Juli 1914 geschlossenen Mietvertrag,
sondern ist selbständig nach diesem Zeitpunkt entstanden.
V. Die Sulässigkeit der Fristbewilligung.
1. Die Rechtfertigung der Fristbewilligung durch die wirtschaft-
liche Lage der Parteien.
a) Bovensiepen, DR3. 14 783: Der Preozeßrichter sieht sich in die ver-
antwortungsvolle Lage gesetzt, die beiderseitigen sich widerstrebenden Interessen von
Gläubiger und Schuldner auf das genaueste und sorgfältigste gegeneinander abzu-
wägen. Nach bewährter Lehre (ogl. Rudolf Stammler 1, Die Lehre vom richtigen
Rechte, 1902) wird er die beiden gedanklich in eine Sondergemeinschaft zu bringen
und so zu entscheiden haben, daß sowohl Gläubiger wie Schuldner sich bei seiner
Regelung noch der nächste zu bleiben vermögen. Seine oberste Aufgabe, ein
unparteiischer wahrhaft gerechter Vermittler zwischen den beiderseitigen Partei-
interessen zu sein, würde der Richter grob verletzen, der leichthin ohne die ein-
gehendste Prüfung und ohne ganz besondere Gründe dem um Z3ahlungsaufschub
bittenden Schuldner die Vergünstigung im weitesten Ausmaße zuwenden und
ihm ein Zahlungsziel von drei Monaten bewilligen würde. Auch der Gläubiger
ist wahrlich in diesen wirtschaftlich schweren Zeiten nicht gerade auf Rosen ge-
bettet und bedarf dringend des Eingangs seiner fälligen Forderungen, um damit
seine Schulden bei seinen Lieferanten zu decken, höchst einseitig wäre es, in dem
Schuldner den allein schutzbedürftigen und schutzwürdigen Mann zu erblicken und
in dem Gläubiger den bösen, rücksichtslos nur seine eigenen Interessen verfolgenden
Mahner. Oft werden die Verhältnisse eher umgekehrt liegen, auch
in den heutigen Zeiten versuchen gewissenlose, böswillige Schuldner sich
die Notgesetze in selbstsüchtiger Weise zunutze zu machen. Solchen Versuchen
muß der Richter mit aller Entschiedenheit entgegentreten.
v) Sintenis a. a. O. 71 Anm. 5: Das Gericht entscheidet nach freiem
Ermessen. Es hat dabei die wirtschaftliche Lage des Gläubigers und Schuldners
abzuwägen. Es muß berücksichtigt werden, daß vielfach auch der klagende
Gläubiger Verbindlichkeiten zu ersüllen hat, so daß die dem Schuldner gewährte
Zahlungsfrist den Gläubiger nötigen kann, seinerseits eine Zahlungsfrist nachzu-
suchen. Böswilligen Schuldnern muß die Vergünstigung selbstverständlich vor-
enthalten bleiben. Dagegen wird sie namentlich am Platze sein, wenn der Schuldner
dadurch in Not geraten ist, daß er seinerseits die ihm geschuldeter Beträge nicht
einzuziehen vermag.
c) Unger, Recht 14 688: Es genügt nicht, wenn der Schuldner überhaupt
nicht oder nur unter verhältnismäßigen Opfern zahlen kann. Es muß vielmehr
auch die wenigstens einigermaßen begründete Hossnung vorliegen, daß die
Vermögenslage sich innerhalb der Frist bessern kann und Zahlungsmittel beschafft
werden können. Sonst ist die Zahlungsfrist für den Schuldner zwecklos, ja
sogar nachteilig, weil sich seine Schuld durch Zinsenlauf mehrt und die Be-
schaffung von Zahlungsmitteln durch den fortschreitenden Niedergang erschwert
wird. Der doch einmal unvermeidliche Zusammenbruch würde nur — und zwar
zum Schaden von Gläubiger und Schuldner — unnütz aufgehalten werden.
Unbedingt zu berücksichtigen sind demnach: a) Schuldner, die sich bisher redlich
durchs Leben geschlagen haben, durch den Krieg aber plötzlich ihre Stellungen
oder doch wenigstens ihre Einkünfte aus ihnen verloren haben und auch etwaiges