Bek. über die Bewilligung von Zahlungsfristen v. 7. Aug. 1914/20. Mai 1915. § 1. 209
2. Muß ein Zusammenhang zwischen Zahlungsschwierigkeit und
Krieg vorhanden seind
a) Bejahend.
a. Seuff A. 69 437, Recht 14 738, OLG. 30 10 (München 1): Die Notlage
des Beklagten muß eine unmittelbare oder mittelbare Folge des
Krieges sein. Das Gesetz will ihm mittels der vom Prozeßgericht zu be-
stimmenden Zahlungsfrist über die Zahlungsschwierigkeiten, in die er gegenwärtig
durch den Krieg geraten ist, hinweghelfen und ihn so vor einem sofortigen
zwangweisen Vorgehen seines Gläubigers schützen. Die Bestimmung einer
Zahlungsfrist kann nach der Absicht des Gesetzes garnicht in Frage kommen,
wenn der Vermögensverfall des Beklagten bereits vor dem Ausbruch des Krieges
eingetreten war und wenn daher tatsächlich der Krieg nicht erst die schlechte Ver-
mögenslage des Beklagten geschaffen und überhaupt keinen schädigenden Einfluß
auf seine wirtschaftliche Verhältnisse ausgeübt hat.
B. Recht 15 114 Nr. 294 (Nürnberg II): Ist die Lage des Schuldners schon
vor dem Kriegsausbruche so schlecht gewesen, daß auch von der Bewilli-
gung einer Stundung die Stärkung und Erholung des Schuldners und die Be-
friedigung des Gläubigers nicht zu erwarten ist, so rechtfertigt seine Lage nicht
die außerordentliche Maßnahme der Bewilligung einer Zahlungsfrist.
J. Recht 14 738 (München): Ist die Nichtzahlung von dem Kriegsaus=
bruch nicht beeinflußt, so findet die Bewilligung einer Zahlungsfrist nicht
statt. Dies ist bei einer seit 1913 rückständigen Schuld zu vermuten.
5. Leipz 3. 15 135 13 (Düsseldorf IX): Es ist nicht erforderlich, daß die
schwierige wirtschaftliche Lage des Schuldners durch den Krieg allein verursacht
ist. Jedenfalls ist aber Voraussetzung, daß die schlechte wirtschaftliche Lage des
Schuldners durch den Krieg mitverursacht ist.
ge. KEl. 14 127 (LG. I Berlin): Es liegt bei dem Schuldner ein Vermögens-
verfall vor, der mit dem Kriege nichts zu tun hat und aus dem auf die Hin-
fälligkeit des geschäftlichen Unternehmens des Schuldners aus inneren Gründen
schon vor Kriegsausbruch geschlossen werden muß. Daß der an sich schon nicht
mehr aufzuhaltende Verfall des Geschäfts des Schuldners durch den Krieg be-
schleunigt wurde, mag sein. Aber das reicht eben zur Anwendung der Verord-
nung nicht aus, da der Vollstreckungsaufschub gegenüber einem schon
vor dem Kriege innerlich hinfälligen Unternehmen eines zu-
xreichenden wirtschaftlichen Zweckes entbehrt oder, von der anderen
Seite gesehen, nicht der Krieg als Ursache des vorhandenen wirtschaftlichen Zusammen-=
bruchs des Schuldners gelten kann. Ebenso LG. 1 Berlin, MittsfA#Ann. 15 23.
Cc. KGBl. 14 115 (LG. 1 Berlin): Wenn das Gesetz dazu geschritten ist, an
Stelle des vielfach verlangten allgemeinen Moratoriums einen auf richterlicher
Prüfung des Einzelfalls beruhenden Zahlungs= oder Vollstreckungsaufschub ein-
zuführen, so ist das offenbar deswegen geschehen, damit nicht jeder schon in
Vermögensverfall befindliche Schuldner dieser Vergünstigung teilhaftig wird,
sondern nur der, der sie wirtschaftlich verdient. Und das ist nur derjenige, der
ohne den Krieg hätte erwarten können, sich völlig oder doch in für ihn
vorteilhafterer Weise aus seiner schwierigen Lage zu helfen, z. B. bei ruhigem
Geschäftsgang auf Nachsicht seiner Gläubiger und allmählicher Tilgung seiner
Schulden hätte rechnen können, für den also erst der Krieg die zum wirtschaft-
lichen Untergang führende Not schafft. Nicht aber ist es derjenige, der auch
ohne den Krieg seiner Zahlungsschwierigkeiten nicht Herr geworden wäre. Er er-
leidet durch den Krieg eine besondere Schädigung nicht, und der ihm erteilte
Aufschub wäre als solcher auch zwecklos.
Kriegsjahrbuch. 14