210 B. Geltendmachung von Ansprüchen während der Kriegszeit.
. Bovensiepen, DR3. 14 783: Die Streitfrage, ob dem Schuldner auch
dann eine Zahlungsfrist bewilligt werden kann, wenn seine schwierige wirtschaft-
liche Lage allein durch den Krieg veranlaßt ist, ist zu bejahen. Schon der
Kriegsausbruch als solcher bringt für mehr oder weniger alle wirtschaftlichen
Existenzen, insonderheit aber für die Kaufleute und Gewerbetreibenden, schwere
wirtschaftliche Einbußen mit sich, und hiergegen muß in möglichst ausgedehntem
Maße Hilfe geschaffen werden.
d. Striemer, W. 14 852: Es kommen nicht nur solche Ereignisse in
Betracht, die mit dem Kriege in unmittelbarem Zusammenhange stehen,
z. B. Beendigung einer einträglichen Stellung des zu den Fahnen einberufenen
Schuldners. Auch jeder mittelbare Zusammenhang der verschlechterten
Vermögenslage mit dem Kriege genügt, z. B. der Schuldner ist Pensionats-
inhaber in einem Kurort, und die Kurgäste bleiben infolge des Krieges fort;
oder der Schuldner ist Hauswirt eines solchen Pensionatsinhabers und erhält
von diesem zahlungsunfähig gewordenen Mieter des ganzen Hauses keinen Miet-
zins. Aber irgendein Zusammenhang zwischen der verschlechterten Vermögens-
lage des Beklagten und dem Kriege muß verlangt werden. Wenigstens dürfte
das die ratio des Gesetzes sein. Das folgt wohl auch daraus, daß die An-
sprüche vor dem 31. Juli 1914 entstanden sein müssen; indem dies gefordert
wird, geht das Gesetz offenbar davon aus, daß die Befriedigung des Gläubigers
dem Schuldner durch den Kriegsausbruch erschwert sein muß.
t. Ebenso Güthe, Gruchots Beitr. 59 56.
4. Hollaender, JW. 14 971: Die Bekanntmachung darf nicht dazu
dienen, Leute, die vor dem Kriege zahlungsunfähig waren. für einige Zeit vor
dem Konkurs zu retten. Nur der Not, die durch den Krieg entstanden ist,
soll die Bekanntmachung entgegenwirken. Dies zeigt die Beschränkung ihrer
Anwendung auf vor dem Kriege entstandene Forderungen, vor allem aber der
Charakter der Bekanntmachung als Kriegsnotgesetz. Gewiß darf diese AufL
fassung nicht dazu führen, Leute, die ohne den Krieg sich weiter hätten helfen
können, zum Konkurs zu treiben. Indessen kann die Bekanntmachung nur dann
Anwendung finden, wenn der Krieg zur Zahlungsunfähigkeit des Schuldners
beigetragen hat. Nicht ein allgemeines Moratorium sollte eingeführt oder ein
Ersatz für eine solche Maßnahme geschaffen werden. Nur die Kriegsschäden
sollten gemildert werden.
X. Hachenburg, LeipzI. 11 1603: Dem Schuldner soll eine Wohltat ge-
währt werden. Sie muß verdient sein. Der Krieg muß ihn in die schwierige
Lage gebracht haben. Er darf nicht schon vorher zahlungsunfähig gewesen sein.
u. Düringer, Recht u. Wisssch. 14 208: Voraussetzung der Zahlungsfristen
ist, daß die Lage des Schuldners eine Folge der Kriegsereignisse ist.
v. Unger, Recht 14 688: Daß der Schuldner schon vor Kriegsausbruch —
also nicht infolge des Krieges — in Zahlungsschwierigkeiten war, rechtfertigt
nicht ohne weiteres die Ablehnung des Fristantrages. Es ist vielmehr genau
zu prüfen, ob er durch den Krieg gehindert worden ist, Maßnahmen zur
allmählichen Gesundung seiner Verhältnisse zu treffen. Ergibt sich dies aus der
Prüfung (z. B. daß Freunde und Verwandte hilfsbereit waren, aber durch den
Krieg gehindert worden sind, ihre löbliche Absicht auszuführen), so ist die
Zahlungsfrist zu gewähren, weil die Moglichkeit der Gesundung nur verlang-
samt, aber nicht ausgeschlossen ist. Schlechte Vermögenslage des Schuldners,
die auch ohne Krieg die gleiche wäre, rechtfertigt die Fristgewährung
dagegen nicht.
c. Freiesleben, D3Z3. 11 1155: Es muß zunächst festgehalten werden,
daß die persönliche Lage des Schuldners maßgebend ist; es genügt also nicht,