Full text: Kriegsbuch. Erster Band. (1)

Bek. über die Bewilligung von Zahlungsfristen v. 7. Aug. 1914/ 20. Mai 1915. 5 1. 213 
zur entgegengesetzten Auffassung. Denn die negative Tatsache, daß dem Gläubiger 
kein unverhältnismäßiger Schaden entstehen würde, kann der Schuldner einfach 
nicht mit Tatsachen belegen oder gar glaubhaft machen, weil fast ausnahmslos 
die näheren Vermögensumstände des Gläubigers sich seiner Einsicht völlig ent- 
ziehen. Ihm für jene Voraussetzung die Pflicht der Glaubhaftmachung aufzu- 
erlegen, hieße ihm die von der Verordnung gegebene Notwaffe wieder aus der 
Hand winden, und das kann nicht der Wille des Gesetzgebers gewesen sein. 
89. Ebenso Striemer, JW. 14 852. 
J). Sieskind a. a. O. 79: Zur Begründung des Antrags wird es ge- 
nügen, wenn der Beklagte seine Notlage schlüssig dartut. Nach dem Wort- 
laut ist allerdings der Zahlungsaufschub auch noch davon abhängig zu machen, 
daß die Lage des Klägers keine unverhältnismäßige Verschlimmerung erfährt. 
Aber hier handelt es sich um eine Einredetatsache, die der Kläger vorzubringen 
hat. Dagegen wird man für den Stundungsanspruch nicht das Vorliegen 
zweier Fundamente annehmen können, schon deshalb nicht, weil in den meisten 
Fällen der Beklagte nicht die Verhältnisse des Klägers kennen kann. 
356. Stein a. a. O. 254: Daß der Schuldner nur seine Lage und nicht 
auch die des Gläubigers darzulegen hat, sollte bei unbefangener Würdigung 
der Sachlage, bei dem klaren Verhältnisse von Regel und Ausnahme, keinem 
Juristen zweifelhaft sein. Durch die bekannte Krücke, die das B##. mit seinem 
„es sei denn, daß“ dem Richter auf den Weg der Beweislastverteilung mitgegeben 
hat, sind aber manche Juristen schon so verwöhnt, daß die bloße Zusammen- 
fassung der beiden Erfordernisse, des positiven und des negativen, in einem Satze 
der VO. vom 7. August sie dazu führt, von dem Schuldner die ihm unmögliche 
Darlegung der Verhältnisse des Gläubigers zu verlangen 
se. Unger, Recht 14 718: Wie soll der Schuldner dartun, daß der 
Gläubiger keinen unverhältnismäßigen Nachteil erleiden wird" Die gewöhnlichen 
Beweismittel, wie Eideszuschiebung, Vorlegung von Geschäftsbüchern, Benennung 
von Zeugen, versagen, da es sich um eine Negative und um ein Urteil handelt. 
Die Bekanntmachung gibt über diese Frage keine Auskunft. Es bleibt nur 
übrig, daß der Richter eingreift und dem Gläubiger aufgibt, die Unverhältnis- 
mäßigkeit des Nachteils darzutun. Aus der Befolgung oder Nichtbefolgung dieser 
Auflage können dann gewisse Schlüsse gezogen werden. Dem Gläubiger kann 
damit aber auch bitteres Unrecht zugefügt werden. Nicht bloß, daß er seine 
Forderung nicht beitreiben kann, kann er auch Gefahr laufen, durch Offenlegung 
seiner Verhältnisse auch noch andere, insbesondere geschäftliche Nachteile zu erleiden. 
5(#. Bovensiepen, DR3. 14 783: Hält man sich an den Wortlaut der 
Verordnung, so scheint es, als ob dem Schuldner die doppelte Bescheini- 
gungslast aufzubürden sei. Denn beide Voraussetzungen stehen gleichberechtigt 
nebeneinander, der Fall der unverhältnismäßigen Schädigung wird nicht etwa 
mit den Worten, „es sei denn, daß“ als Ausnahme dem Regelfalle gegenüber= 
gestellt. Trotzdem ist in dieser Frage die entgegengesetzte Auffassung vertreten, 
denn die sich an den Wortlaut klammernde Auslegung würde die Verordnung 
geradezu lahmlegen und ihr fast jede Anwendungsmöglichkeit rauben. 
X. Zeunert, Thür l. 62, 15: Einen Beweis des Antragstellers, daß der 
Gläubiger durch die Bewilligung keinen unverhältnismäßigen Nachteil erleide, 
verlangt das Landgericht Gera nicht. Das bedarf nach der Einredetheorie keiner 
Rechtfertigung; aber auch nach der Leugnungstheorie ist der unverhältnismäßige 
Nachteil vom Kläger zu beweisen, wenn man in der anspruchhindernden Tatsache 
eine Ausnahme von der Regelnorm findet. Das ist sie aber ihrem inneren Wesen 
nach, denn den Schutz des Schuldners bezweckt das Gesetz, das besondere Interesse 
des Gläubigers begrenzt ihn nur. 
 
	        
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