234 B. Geltendmachung von Ansprüchen während der Kriegszeit.
88. Erlaß des preußischen Handelsministers vom 11. August 1914, IMBl. 14
678: Beim Ausbleiben des Gläubigers findet eine Fristgewährung
außerhalb des Prozesses nicht statt; der Schuldner, der Ausstand vom Richter
erbitten will, wird es in diesem Falle abwarten können, daß ihn der Gläubiger
verklagt; er kann dann im Prozesse die Zahlungsfrist vom Richter erbitten.
J1. Kipp, Recht u. Wirtsch. 14 213: Ein Versäumnisverfahren gegen den
Gläubiger, der auf Ladung des Schuldners zur Verhandlung über Fristge-
währung nicht erscheint, wird überwiegend (mit Recht) als nach geltendem Rechte
unmöglich angesehen.
55. Güthe, Gruchots Beitr. 59 60: Das Verfahren kann nur durchgeführt
werden, wenn der Gläubiger und der Schuldner in dem Termin erscheinen.
Dies ist, soweit der Schuldner in Betracht kommt, selbstverständlich und ergibt
sich für den Gläubiger aus dem Eingange des zweiten Satzes: „In dem auf
Antrag des Gläubigers zu erlassenden Anerkenntnisurteil“. Daraus ergibt
sich nicht nur, daß ein Versäumnisurteil gegen den Gläubiger unzulässig ist,
sondern auch, daß über die Bewilligung einer Zahlungsfrist ohne den gleichzeitigen
Erlaß eines Urteils über die Forderung nicht entschieden werden darf. Erscheint
der Gläubiger nicht, so ist das Verfahren erledigt; dem Gläubiger kann daher,
wenn er den Schuldner vor dem Prozeßgerichte belangt, nicht die Einrede der
Rechtshängigkeit entgegengesetzt werden. Durch die Erledigung wird jedoch die
spätere Einleitung eines neuen Verfahrens nicht ausgeschlossen.
es. Bay-Justizminister vom 16. August 1914, BayMBl. 14 152: Erscheint
in dem Termine der Gläubiger oder der Schuldner nicht, so ist weder ein
Versäumnisurteil möglich, noch kann eine Zahlungsfrist bestimmt
werden.
Tr. Ebenso Glaser a. a. O. 39 und Heß a. a. O. 87.
ääobu. JW. 14 794: Erscheint der Gläubiger nicht, so kann der
Schuldner nur einen neuen Termin beantragen.
99. Licht a. a. O. 9: Erscheint der Gläubiger nicht, so kann der Schuldner
kein Versäumnisurteil, sondern nur einen neuen Termin beantragen. An-
erkenntnisurteil kann ergehen, auch wenn der Antrag auf Fristbewilligung ab-
gelehnt wird.
L1#. Mayer a. a. O. 64: Erscheinen beide Parteien nicht, so ruht das Ver-
fahren; erscheint eine der beiden Parteien nicht, so kann ein Versäumnisurteil
nicht ergehen, weil ein solches die Erhebung einer Klage voraussetzt.
1k. Sieskind a. a. O. 81: Bei der Besonderheit der Vorschrift ergibt sich,
daß in den Fällen, wo der Gläubiger ein Anerkenntnisurteil nicht begehrt oder
eine der Parteien, gleichviel welche, ausbleibt, weder eine Fristgewährung
möglich ist, noch überhaupt ein Verfahren läuft. Es findet nicht nur kein
Versäumnisverfahren statt, vielmehr ist das ganze außergewöhnliche Ver-
fahren des § 2 beendet; der Gläubiger, der kein Ladungsrecht hat, darf auch
nicht den ausgebliebenen Schuldner neu laden und ist gehalten, die entstandenen
Kosten in einem besonderen Prozes als Schaden einzu-klagen; der Schuldner —
mag der Gläubiger oder er selbst nicht erschienen sein — darf auch nicht mehr
laden, da sich sein Recht in einer einmaligen Ladung erschöpft und er im
übrigen einen erzwingbaren Anspruch gegen den Gläubiger auf Erscheinen nicht
geltend machen kann.
XX. Sintenis a. a. O. 72: Das Verfahren ist davon abhängig, daß der
Gläubiger den Antrag auf Erlaß eines Anerkenntnisurteils stellt.
Tut er dies nicht oder ist aus einem anderen Grunde, z. B. wegen mangelnder
Übereinstimmung des Vorbringens beider Parteien, der Erlaß eines Anerkenntnis=
urteils nicht möglich, so wird beim Schweigen des Gesetzes ein gerichtlicher