Full text: Kriegsbuch. Erster Band. (1)

Bek. uber die Unverbindlichkeit gewisser Zahlungsvereinbarungen v. 28. Septbr. 1914. 369 
Infolge der Überweisung des Reichskriegsschatzes in Höhe von 
120 Millionen Mark und der auf Grund des Gesetzes über Änderungen 
im Finanzwesen vom 5. Juli 1015 (Reichs-Gesetzbl. S. 521) gebildeten Gold- 
reserve in Höhe von 85 Millionen Mark sowie infolge nicht unbeträcht- 
licher Zuflüsse aus dem Auslande hob sich der Goldschatz bis zum 
7. August auf 1477,5 Milllionen Mark. Inzwischen hatte sich die starke 
Erregung, die Ursache der großen Geldabbebungen, gelegt. Angeleitet 
durch die sehr dankenswerte Aufklärungsarbeit der gesamten Hresse und 
der Behörden, begann die Bevölkerung immer mehr und mehr einzuseben, 
daß die mit unbeschränkter gesetzlicher Saklkraft ausgestatteten Reichsbank. 
noten zu Sahlungen genau ebenso verwendet werden können, wie die 
Goldmünzen, daß aber eine tunlichst umfangreiche Ansammlung von Gold 
bei der Reichsbank durchaus im öffentlichen Interesse liegt. Mit dieser 
Erkenntnis setzte ein starker Rückfluß von Gold zur Keichsbank ein. 
Uberall, in allen Schichten und in immer größeren Kreisen erwuchsen der 
Reichsbank jetzt verständnisvolle Belfer auf diesem Gebiete. Die öffent- 
lichen Kassen, insbesondere auch die Kassen der Host- und Eisenbahn-= 
verwaltung, führten das bei ihnen einlaufende Gold an die KReichsbank 
ab. Die Hostverwaltung wies die Hostanstalten an, Goldmünzen bekufs 
Abfübrung an die Beichsbank gegen Noten einzutauschen. Dadurch wurde 
es möglich, der Reichsbank Gold auch an den COrten zuzuführen, an 
denen sich eine ZBankanstalt nicht befand. Durch alle diese Suflüsse, die 
sich von Woche zu Woche fortsetzten und sich zwischen 21,2 und 54,0 Milli- 
onen Mark bewegten, wuchs der Goldschatz ununterbrochen, so daß er 
am Sl. Oktober 1014 den Betrag von 1858,5 Millionen Mark er- 
reichte. 
Die Erscheinung, daß während einer Kriegskrifis von solcher Schwere 
die Bevölkerung das in irem Zesitz befindliche Gold freiwillig zur Zentral= 
notenbank trägt und dagegen Noten fordert, steht in der Münz= und 
Bankgeschichte aller Länder und Dölker ohne Zeispiel da und ist ein über- 
zeugender Beweis nicht nur für den unerschütterlichen Kredit der Zeichs- 
banknoten, sondern auch für die Stärke der in unserem Geldumlauf 
liegenden Goldreserven und für die wirtschaftliche Einsicht und Opfer- 
freudigkeit unseres Volkes. 
Irgendwelche Derkehrsstörungen sind durch die umfassende Der- 
wendung der ZReichsbanknoten an Stelle der Goldmünzen nicht hervor- 
gerufen worden. Immerhkin blieb zu erwägen, daß im Hvpothekenverkehr 
vielfach ausdrücklich Dereinbarungen getroffen waren, inhalts deren die 
Sahlung der Sinsen und die Rückzahlung des Kapitals in Goldmünzen 
erfolgen soll. In einer Seit, in der die Reichsbank die Einlösung ihrer 
Noten gegen Gold sperrt, während der Derkehr nichtsdestoweniger die 
Vollwertigkeit der Mote unbeschränkt anerkennt, erschien die vorübergebe#nde 
Außerkraftsetzung derartiger Goldklauseln erforderlich, um den Schuldner 
gegen schikanöse Ausübung des Gläubigerrechts zu schützen, aber auch 
unbedenklich, da sie den Gläubiger in keiner Weise benachteiligt. Ihre 
Aufrechter#baltung würde überdies dem allgemeinen Streben nach Kon- 
zentrierung des Goldvorrates bei der Reichsbank entgegenwirken. Beim 
Herannahen des Vierteljahrsschlusses erließ demgemäß der Bundesrat die 
durch die Bekanntmachung vom 28. September 1014 verkündete Der- 
ordnung, welche die vor dem 51. Juli 1014 getroffenen Dereinbarungen, 
Kriegsjahrbuch. 24
	        
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