Full text: Kriegsbuch. Erster Band. (1)

418 B. Geltendmachung von Anspriüchen während der Kriegszeit. 
Sind zur Zeit der Mitteilung des Gerichts dem Einigungsamt die 
Verhältnisse bereits bekannt, so ist das Gutachten sofort abzusenden. 
Andernfalls hat das Einigungsamt das, was zur Erstattung des Gut- 
achtens erforderlich ist, zu veranlassen. Es kann insbesondere von Amts 
wegen die Beteiligten laden. 
Das Gutachten ist von dem Vorsitzenden oder dessen Vertreter zu 
unterschreiben. 
Auf Verlangen des Gerichts hat das Einigungsamt das Gutachten 
näher zu erläutern. Das Einigungsamt kann dies schriftlich oder durch 
eines seiner Mitglieder mündlich tun. 
88. 
Die Vorstände (Vorsteher) von Gemeinden, in deren Bezirk Einigungs- 
ämter bestehen, haben, soweit die in den §§ 2 und 3 der Bekanntmachung 
bezeichneten Befugnisse in Geltung gesetzt sind, dies und die Bezirke der 
Einigungsämter den beteiligten Gerichten mitzuteilen. 
Begründung zu der Bekanntmachnug vom 15. Dezember 1914. 
(D. 21; D. N. I1 9 ff.; D. N. III 0. 
Einer besonderen Erwähnung bedürfen die Zausbesitzer. Es ist 
nicht in Abrede zu stellen, daß die Derhältnisse dieses Erwerbsstandes durch 
den Kriegszustand besonders in Mitleidenschaft gezogen sind. Soweit sie 
Dermieter und Gläubiger sind, machen sich bei ihnen die Folgen bemerkbar, 
die aus dem wirtschaftlichen Unvermögen ikrer Mietschuldner entspringen; 
als Hrpothekenschuldner erklären sie einen über die allgemein getroffenen 
Maßregeln Rinausgehenden Schutz gegenüber den dinglichen Gläubigern 
für erforderlich, für deren unbedingte Sicherung wiederum erhebliche 
Gründe des öffentlichen Interesses angeführt werden. Gegenüber den 
überaus zaklreichen und weit auseinandergebenden Dorschlägen auf diesem 
Gebiet ist bis jetzt vorsichtige Surückhaltung geübt worden. Der Derlauf 
des Oktobertermins hat, soweit sich bis jetzt übersehen läßt, gezeigt, daß 
nach beiden Richtungen hin die geäußerten weitgebhenden Befürchtungen 
nicht zur Wahrkeit geworden sind. Inzwischen machen die von Gemeinden 
und Beteiligten ins Leben gerufenen Einrichtungen zur Dermittlung des 
Interessenausgleichs und zur Kredithilfe ständig Fortschritte. Es ist daher 
noch nicht zu übersehen, ob oder in welchem Umfange die Interessen der 
Rausbesitzer und des Realkredits besondere Maßnahmen erforderlich machen 
werden. 
Auf Grund der Bekanntmachung des Bundesrats über die gerichtliche 
Bewilligung von Sahlungsfristen vom 7. August 1014 (Reichs-Gesetzbl. S. 550) 
kann das Drozeßgericht auf Antrag eines Mieters für fällige Mietzahlungen 
eine mit der Derkündung des Urteils beginnende Sahlungsfrist von 
längstens 5 Wonaten bestimmen. Die Organisationen des städtischen 
RBausbesitzes machten geltend, daß bei der Bewilligung von Sahlungsfristen 
in Mietstreitigkeiten den Gerichten die Möglichkeit fehle, auf die berechtigten 
Wünsche der Bauseigentümer die gebührende Rücksicht zu nehmen. Im 
übrigen bot die Regelung der Mietverhältnisse während des Krieges in 
vielen Einzelfällen insofern Schwierigkeiten, als die vor dem Kriege ein-
	        
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