Bekanntmachung, betr. Einigungsämter, vom 15. Dezember 1914. 419
gegangenen Mietverpflichtungen infolge der durch den Krieg veränderten
wirtschaftlichen Derhältnisse seitens der Mieter nicht immer eingehalten
werden konnten. War es schon aus diesen Gründen dringend erwünccht,
daß die Einrichtung von Einigungsämtern durch eine Derordnung des
Zundesrats gefördert werde, so kam noch hinzu, daß dem städtischen
Bausbesitze nicht nur aus der Nichtzahlung von Mieten, sondern auch
aus der Kündigung von Pppotheken wirtschaftliche Schäden drohten. Unter
diesen Umständen war es ratsam, die Tätigkeit der Einigungsämter nicht
auf die Berbeiführung eines billigen Ausgleichs zwischen den Interessen
der Mieter und Dermieter zu beschränken, sondern sie auch auf die Der-
mittelung zwischen bpothekenschuldnern und HPrpothkekengläubigern aus-
zudehnen. Diesen Erwägungen entspricht die auf Grund des & 5 des
sogenannten Ermächtigungsgesetzes erlassene Bekanntmachung, betreffend
Einigungsämter, vom 15. Dezember 1914.
Bereits vor dem Erlaß dieser Verordnung waren in mehreren Städten
Einigungsämter errichtet worden. Die Derhandlungen vor diesen Einigungs-
ämtern führten meist zu einem befriedigenden Ergebnis. Die Tätigkeit
dieser Amter mußte aber namentlich deshalb von vornherein in weit.
gehender Weise beschränkt bleiben, weil ihnen jede Swangsbefugnis,
insonderheit die Möglichkeit, die an dem Dergleickh interessierten Harteien
zum Erscheinen zu zwingen, fehlte. Nachdem dieser Mangel durch die
obige Zekanntmachung des Bundesrats beseitigt ist, steht zu erwarten, daß
die Mieteinigungsämter die ihnen gestellten Aufgaben im allgemeinen
werden erfüllen können. Die Feststellungen der Einigungsämter werden
nicht nur vorteilhafte Dereinbarungen zwischen Mietern und Dermietern
in bezug auf die vorzeitige Lösung von Mietverträgen, Räumung von
Woochnungen und Gewerberäumen, Ermäßigung der vor dem Kriege ver-
einbarten Mietsätze für Geschäftslokale und dergleichen Berbeiführen,
sondern diese Feststellungen werden auch für die Bewilligung der Sahlungs-
fristen durch die Gerichte sowohl wie für die Gewährung von Miet-
beihilfen aus Gemeindemitteln so geeignete Unterlagen bieten, wie sie auf
keinem andern Wege mit gleicher Dollständigkeit und Suverlässigkeit zu
schaffen sind. Allerdings bleibt die Tätigkeit der Mieteinigungsämter auch
nach der obigen Bekanntmachung des Zundesrats nur eine aufklärende
und vermittelnde. Führt das Derfahren vor dem Einigungsamte zu keiner
Derständigung unter den Harteien, so bleibt die Anrufung und Entscheidung
des Gerichts vorbehalten.
Die Erfahrungen der ersten Kriegsmonate zeigten, daß der städtische
Bausbesitz auch durch das Reichsgesetz, betreffend den Schutz der infolge
des Krieges an Wahrnebmung ihrer ZRechte bebinderten Personen, vom
4. August 1014 (Reichs-Gesetzbl. S. 328) insofern Bäufiger vermeidbare
Derluste erlitt, als von Kriegsteilnehmern oder deren Familien in bös-
williger Weise die Sahlung der Miete verweigert wurde. Demgegenüber
ist durch die Bekanntmachung des Zundesrats über die Dertrekung der
Kriegsteilnelkmer in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten vom 14. Januar 1015
(Reichs-Gesetzbl. S. 17) die Möglichkeit geschaffen worden, eine Räumungs-
klage auch gegen böswillige Kriegsteilnehmer und deren Familien durch-
zusetzen. Munmehr haben also auch die zahlungsfähigen kriegsteil-
nehmer ein Interesse daran, ihre Mietpflichten zu erfüllen und sich
gegebenenfalls durch einen Vertreter vor dem Einigungsamte zu vergleichen,
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