Bekanntmachung über die Zwangsverwaltung von Grundstücken v. 22. April 1915. 425
Begründung.
(D. N. III 3.)
Die Nachteile, mit denen die Jwangsverwaltung eines Grund-
stücks für den Schuldner verbunden ist, werden unter den gegenwärtigen
Derhältnissen vielfach zu so erheblichen Schädigungen, daß sie den wirt-
schaftlichen Susammenbruckh zur unmittelbaren Folge haben können. Don
wesentlicher Bedeutung sind bierbei die hoben Kosten des Derfahrens.
Diese sind zum großen Ceil darauf zurückzuführen, daß die Swangsver-=
walter auf Grund des § 153 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung
und Swangsverwaltung (Reichs-Gesetzbl. 1808 S. 715) für ihre Tätigkeit
eine meist erbebliche Dergütung erhalten und nicht immer in der Lage
sind, bei der Führung der Derwaltung die nötige Sparsamkeit zu üben.
Die sich hieraus ergebenden Unzuträglichkeiten haben sich nicht nur bei
den Grundbesitzern, sondern auch in den Kreisen der Hvpothekengläubiger
fühlbar gemacht. Die Klagen hierüber sind um so lebhafter Bervorge-
treten, als die Swangsverwaltung heute infolge der tatsächlichen und
rechtlichen Kindernisse, die der Dersteigerung eines Grundstücks entgegen-
stehen, erhböhte Zedeutung gewonnen hat. Die auf Grund des §8 3
des sogenannten Ermächtigungsgesetzes erlassene Bekanntmachung vom
22. April 1015 entlastet demgemäß das Derfahren von Kosten und trifft
Dorsorge, daß die Derwaltung tunlichst solchen Hersonen übertragen wird,
die für ihre Tätigkeit keine Dergütung beanspruchen und wegen ihrer be-
sonderen Beziehungen zum Grundstück ein eigenes Interesse an der Der-
billigung des Derfahrens haben.
Sunächst ist bestimmt, daß der Schuldner oder sein Vertreter, wenn sie
geeignet sind, die Derwaltung unter Aufsicht zu führen, Anspruch darauf
haben, daß die Derwaltung ihnen übertragen wird (§ 1). Don einem
Schuldner, der die hierzu unbedingt nötige Suverlässigkeit besitzt, wird in
der Regel auch erwartet werden können, daß er schon im eigenen Interesse
die Derwaltung unentgeltlich führen wird. Es ist indessen nicht ausge-
schlossen, daß auch ein Schuldner als geeignet befunden wird, der auf die
Dergütung nicht verzichten kann oder will. Selbstverständlich unter-
stelt der Schuldner wie jeder andere Derwalter der Aufsicht des Ge-
richts und kann auch entlassen werden. Die ZBestellung des Schuldners
ist nur zulässig, wenn gleichzeitig eine Aufsichtsperson bestellt wird,
die für ihre Tätigkeit nur Ersatz der Auslagen, keine Dergütung erhält.
Findet sich keine geeignete Aufsichtsperson, so kann der Schuldner nicht zum
Derwalter bestellt werden. Aufsichtsperson kann auch der Gläubiger, eine
Behörde oder ein Einigungsamt sein. Soweit geeignete Hersonen dem
Gerichte nicht schon zur Derfügung stehen, wird bei ihrer Ermittelung auf
die Mitwirkung von Organisationen des Grundkredits und von HBandels-
vertretungen gerechnet werden können. Die Rechte und Oflichten der
Aufsichtsperson (§ 2) sind ähnlich umgrenzt wie in der Bekanntmachung,
betreffend die Geschäftsaufsicht zur Abwendung des Konkursverfahrens,
vom 8. August lOld. Die Aufsichtsperson untersteht insbesondere der
Aufsickt und dem Grdnungsstrafrechte des Gerichts und ist allen Beteiligten
für die Erfüllung der ihr obliegenden Oflichten verantwortlich. Sie hat
dem Gericht unverzüglich Anzeige zu erstatten, wenn der Schuldner sich
Ordnungswidrigkeiten zuschulden kommen läßt. Der Schuldner bedarf zu
einer Derfügung über die Rutzungen des Grundstücks ihrer Sustimmung.