Full text: Kriegsbuch. Erster Band. (1)

Bekanntmachung über den dinglichen Rang öffentlicher Lasten vom 22. April 1915. 435 
Bekanntmachung vom 22. April 1015. Su diesen Lasten gehören vor 
allem die Beiträge der Anlieger zu Straßenbaukosten verschiedener Art 
(Anlegungs., Pflaster-, Kanalisationskosten und dergleichen). Der Betrag 
solcher Abgaben ist Bäufig recht erbeblich, er beläuft sich nicht selten auf 
viele tausend Mark für ein Grundstück. Die Aufbringung wird während 
der Kriegszeit vielen sonst leistungsfähigen Grundbesitzern schwer, wenn 
nicht unmöglich. Die Steuergläubiger, in Hreußen die Gemeinden, Baben 
unter diesen Umständen weitge#ndes Entgegenkommen bewiesen und sind 
auch weiter hBierzu bereit. Dabei ergibt sich aber eine Schwierigkeit. 
Nach § 10 Mr. 5 des Gesetzes Über die Swangsversteigerung und die 
Swangsverwaltung werden an öffentlichen Lasten nur die Rückstände aus 
den letzten zwei Jahren vor der Beschlagnahme in der dritten Klasse vor 
den Hypotbeken befriedigt, ältere Rückstände verlieren ihren Rang und 
kommen erst in der siebenten Hlasse zur Hebung; in der Swangsverwaltung 
werden in der dritten Klasse überhaupt keine RZückstände, sondern nur 
laufende Beträge wiederkehrender Ceistungen berücksichtigt. Die Steuer- 
gläubiger sind daher genötigt, die Swangsversteigerung der abgabe- 
pflichtigen Grundstücke einzuleiten, ebe zwei Jahre seit dem Derfalle der 
geschuldeten Lasten verstrichen sind. Um dieses Ergebnis zu vermeiden, 
sielt die Derordnung vor, daß alle Rückstände nicht wiederkekrender 
öffentlichen Lasten, die am l. Januar 1915 noch keine zwei Jahre rück- 
ständig waren und demgemäß das Recht auf Befriedigung in der dritten 
Rangklasse noch nicht verloren hatten, es bis auf weiteres bebalten. Die 
Wirkung dauert an, solange die Derordnung in Kraft bleibt; es ist in 
Aussicht genommen, den Seitpunkt des Außerkrafttretens geraume Seit 
vorher bekanntzugeben. Diese Erstreckung des dinglichen Ranges wird 
den Gläubigern weitere Stundung ermöglichen und so den betroffenen 
Grundbesitzern über die aus den Geitverhältnissen erwachsene Sahlungs- 
schwierigkeit binweghelfen. Bedenken gegen eine solche Maßregel find 
auch im Interesse der übrigen Grundstücksgläubiger nicht zu erheben, da 
sie sich auf die nach einem bestimmten Seitpunkt fällig gewordenen, nicht 
wiederkehrenden Ceistungen beschränkt, ein Anschwellen bevorrechtigter 
Rückstände also nicht zu besorgen ist. Nur insoweit ist auch ein Bedürfnis 
nach Abbilfe hervorgetreten. 
Wolff, Pr VerwA. 36 546: Die Verordnung betrifft nur die öffentlichen 
Lasten eines Grundstücks. Deshalb wird z. B. die Umsatzsteuer, die nicht 
dinglicher Natur ist, von der Verordnung nicht betroffen, ebensowenig die 
Beiträge zur Benutzung von Wasserleitungen. Ferner sind auch nur diejenigen 
Ansprüche bevorzugt, die nicht in wiederkehrenden Leistungen bestehen. Es 
gehören also solche Kanalisationsgebühren und solche Beiträge zur Unterhaltung 
des Straßenpflasters, die regelmäßig wiederkehren, nicht hierher, sondern nur die 
einmaligen oder je nach Bedarf zu zahlenden Beträge.
	        
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